Leitsatz (amtlich)
1. Keine Anwendbarkeit des CMNI auf Schadensfall vom 25.3.2007.
2. Qualifiziertes Verschulden i.S.v. § 435 HGB eines Schiffsführers wegen unterlassens einer Stabilitätsberechnung und Missachtung weiterer Warnhinweise.
3. Geschützter Personenkreis für Haftungsbegrenzungen nach §§ 4 ff. BinSchG.
Frist für Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht abgelaufen.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 19.11.2008; Aktenzeichen 39 O 6/08 KfH) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten und ihrer Streithelferinnen wird das Urteil des LG Stuttgart vom 19.11.2008 - 39 O 6/2008 KfH, wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 86.855,77 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 84.802,70 seit dem 26.9.2007 und aus weiteren EUR 2.053,07 seit dem 21.1.2008 zu bezahlen.
I. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten und ihrer Streithelferinnen wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin. Die Streithelferinnen der Beklagten tragen ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert der Berufungsinstanz: 86.855,77 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Regressweg wegen eines Transportschadens in Anspruch.
Die Klägerin ist Transportversicherungs-Assekuradeur für die an einer Transportversicherungspolice der Streithelferin der Klägerin beteiligten Versicherungen. Die Streithelferin der Klägerin beauftragte die Beklagte mit der Beförderung von vier Containern mit Artikeln für die Fensterherstellung von ihrem Betriebssitz in ... nach Peking/China. Die Beklagte beauftragte die Streithelferin Ziff. 1 der Beklagten, die Container vom Stuttgarter Hafen nach Rotterdam zu befördern. Die Streithelferin Ziff. 1 der Beklagten wiederum hat gemäß Chartervertrag vom 23.6.2006 (Anlage K 30) von der Streithelferin Ziff. 2 der Beklagten das Binnenschiff MS. für regelmäßige Containertransporte gechartert. Die Container wurden an Bord der von der Streithelferin Ziff. 2 der Beklagten betriebenen MS. verladen. Am 25.3.2007 geriet die MS. bei ... während der Fahrt in Not, mit der Folge, dass neben anderen Containern auch drei der vier genannten Container der Streithelferin der Klägerin aus der oberen Staulage in den Rhein fielen und nur beschädigt geborgen werden konnten.
Die Klägerin hat die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Zahlung von EUR 86.855,07 in Anspruch genommen. In dieser Höhe sei ein Schaden der Streithelferin der Klägerin entstanden. Die Beklagte sei für diesen Schaden auf Grund eines qualifizierten Verschuldens u.a. deshalb verantwortlich, weil das Schiff MS. nicht ordnungsgemäß beladen gewesen sei und in diesem Zustand die Fahrt nicht hätte antreten dürfen. Zu Gunsten der Beklagten griffen auch keine haftungsbeschränkenden Normen ein.
Die Beklagtenseite ist dem klägerischen Verlangen entgegengetreten. Sie hat sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin als auch die Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens bestritten. Die Streithelferin der Klägerin habe durch falsche Gewichtsangaben in den Frachtpapieren bzw. durch gänzlich fehlende Gewichtsangaben an den Containern zu dem Schaden beigetragen. Zudem griffen die Haftungsbeschränkungen des Budapester Übereinkommens über den Vertrag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI), des Binnenschifffahrtsgesetzes (BinSchG) sowie der ADSp. Im Übrigen sei die Schadenshöhe von der Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden.
Erstinstanzlich wurde ein mündliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing ... eingeholt, der zuvor bereits im Auftrag der Staatsanwaltschaft Duisburg ein schriftliches Sachverständigengutachten erstellt hatte. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 29.9.2008, Blatt 146 ff. d.A., Bezug genommen.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte mithin verurteilt, an die Klägerin EUR 86.855,77 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2007 zu bezahlen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Aktivlegitimation sich aus einer nachgewiesenen Abtretung der Forderung durch die Streithelferin der Klägerin ergebe.
Die Beklagte hafte als Fixkostenspediteurin dem Grund nach für qualifiziertes Verschulden gem. §§ 452, 425, 428, 435 HGB, da die Schiffsführung der MS. den Schaden leichtfertig herbeigeführt habe. Es könne offen bleiben, ob die ADSp, das CMNI oder das BinSchG mit ihren jeweiligen haftungsbegrenzenden Normen Anwendung fänden, da die dortigen Haftungsbegrenzungen unter d...