Leitsatz (amtlich)

1. Die Auslegung eines Kauf- und Verwaltungsvertrags (vgl. sale-and-lease-back-Geschäft) über nicht individualisierte Transportcontainer kann ergeben, dass die Zahlung des garantierten Tagesmietzinses an den Investor trotz der fehlenden Übereignung und hinreichenden Konkretisierung des Mietobjekts keine unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO im Zwei-Personen-Verhältnis ist.

2. Die Zahlung des Kaufpreises für den Rückkauf des Containers durch den Verkäufer stellt keine unentgeltliche Leistung dar, wenn der Verkäufer die Verpflichtung hierzu bereits im Kauf- und Verwaltungsvertrag zumindest dem Grunde nach übernahm, und die Rückübereignung allein an der von ihm nicht erfüllten Verpflichtung zur Individualisierung des Transportcontainers scheitern würde (vgl. § 326 Abs. 2 BGB). Es kann in einem solchen Fall angenommen werden, dass die Zahlung des Rückkaufspreises in Erfüllung statt erfolgt. Die Vereinbarung des Rückkaufpreises dient dem Interesse des Investors an der Rückgewähr der Kapitalanlage.

 

Normenkette

InsO § 134

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 27 O 34/20)

 

Tenor

Bemerkungen:

Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof - IX ZR 30/22 - eingelegt worden.

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart, 27 O 34/20, vom 08.10.2020 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 34.481,74 EUR (Kläger: 12.921,74 EUR; Beklagter: 21.560,00 EUR) festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... (Im Folgenden: Insolvenzschuldnerin), eine von den mehreren deutschen Containervertriebsgesellschaften der ehemaligen so genannten Z.-Gruppe, bezüglich der auf Eigenantrag vom 15.03.2018 am 24.07.2018 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Anlage K 2), gegen den Beklagten auf §§ 143, 134 Abs. 1 InsO gestützte Ansprüche von insgesamt 34.481,74 EUR geltend.

Das Geschäftsmodell der Z.-Gruppe sah vor, dass die deutschen Containervertriebsgesellschaften von der schweizerischen Z. Corp. (Im Folgenden: Z. EF) Container ankaufen, um mit Anlegern Kauf- und Verwaltungsverträge über die Container abzuschließen. Zwischen dem Beklagten und der Insolvenzschuldnerin kamen solche auf einer Seite abgedruckte Kauf- und Verwaltungsverträge zustande; am 14./17.09.2009 über 7 Container vom Typ "ST 0942 GC2" zum Gesamtkaufpreis von 11.165,00 EUR und einem "Tagesmietsatz von 0,56 EUR pro Container, das heißt 12,82 % des Kaufpreises per anno" (Anlage K 4), sowie am 10./13.11.2012 über die 11 Container vom Typ "20 "STANDARD S" zum Gesamtkaufpreis von 24.420,00 EUR sowie einem "Tagesmietsatz von 0,75 EUR pro Container, das heißt 12,28 % des Kaufpreises per anno" (Anlage K 5).

Der Kauf- und Verwaltungsvertrag vom 14./17.09.2009 enthielt unter anderem folgende Regelungen:

"Kaufvertag

1. Der Investor kauft hiermit von Z. die Anzahl von [...] Stück Container vom Typ Angebot Nr. [...]

2. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt

a) auf das Konto der Z. [...], bei Zahlung auf das Z.-Konto beginnt die Mietgarantie fünf Arbeitstage nach Geldgutschrift (Mietbeginn), [...]

3. Die Eigentumsübertragung der/des Container(s) erfolgt innerhalb von maximal 90 Tagen nach Geldgutschrift des Kaufpreises. Die Übergabe der/des Container(s) wird durch nachfolgenden Verwaltungsvertrag ersetzt.

4. Der Investor erhält zum Nachweis der Eigentumsübertragung der/des Container(s) ein von Z. ausgestelltes Eigentumszertifikat mit dem internationalen Code und der Seriennummer seiner/seines Container(s).

5. [...]

Verwaltungsvertrag

1. Der Investor beauftragt Z. mit der Verwaltung der/des oben genannten Container(s). Z. wird alle mit der Verwaltung zusammenhängenden Verträge eigenverantwortlich abschließen und garantiert dem Investor, dass bereits zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung ein Miet- oder Agenturverhältnis besteht. Z. ist berechtigt, Untervollmachten zu erteilen. Sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Agenturverhältnis gehen gleichzeitig mit der Eigentumsübertragung auf den Investor über. Z. zieht die Mieten für den Investor ein. Etwaige Unterdeckungen gegenüber der garantierten Miete gehen zu Lasten der Z.. Eventuell über den Betrag der garantierten Miete hinausgehende Mieteinnahmen verbleiben Z., der dieser Überschuss als Verwaltungsgebühr hiermit abgetreten wird. Darüber hinaus hat Z. keinen Anspruch auf eine Vergütung. Die Abtretung wird hinfällig, sobald der Vertrag gekündigt oder Z. aus sonstigen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die nach diesem Vertrag ges...

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