Leitsatz (amtlich)
Klagt der Kläger unter einer Postfachadresse und teilt er auch im weiteren Verfahrensablauf nur Adressen im Ausland mit, bei denen das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass er dort auch tatsächlich wohnt, so ist die Klage unzulässig. Dies gilt vor allem dann, wenn der Kläger zuvor in gegen ihn gerichteten Passivprozessen unter den nun benannten Anschriften nicht geladen werden konnte und an denen er nach seinen dortigen Angaben nicht gewohnt hat.
Normenkette
ZPO § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 14.05.2009; Aktenzeichen 6 O 317/08 Ha) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 6. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 14.5.2009 abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe des insgesamt vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagten vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: bis 600.000 EUR
Gründe
I. Der Kläger verlangt von den Beklagten Zustimmung zur Auszahlung gemeinschaftlich angelegter Gelder.
1. Ursprünglich hatten die Parteien gemeinsam eine Gruppe von mittelständischen Unternehmen betrieben, die im Bereich Maschinenbau insbesondere für die Pharmaindustrie tätig war. Die Beklagten kümmerten sich schwerpunktmäßig um Technik und Vertrieb und der Kläger um die Finanzen. Dabei legte er Betriebs- und auch Privatgelder seiner Mitgesellschafter und ihrer Ehefreuen im Ausland an und verwaltete diese. 1996 setzte sich der Kläger, als die Steuerfahndung Ermittlungen aufnahm, ins Ausland ab. In der Folge kam es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern, die zu einer Reihe von Prozessen führten, u.a. ab 2003 zu zwei Verfahren, in denen der hiesige Kläger von den Beklagten auf Herausgabe von ihm verwalteter Gelder in Anspruch genommen wurde (LG Heilbronn 4 O 318/03 = OLG Stuttgart 5 U 207/05 und LG Heilbronnn 6 O 645/03 = OLG Stuttgart 5 U 64/06). In beiden Verfahren wurde die Klage durch den Senat wegen Unzuständigkeit deutscher Gerichte abgewiesen, da zugunsten des hiesigen Klägers davon ausgegangen wurde, dass der Kläger zumindest auch in der Schweiz lebt und für diesen Fall das Lugano-Übereinkommen eine Klage im Gerichtsstand des in Deutschland befindlichen Vermögens verbietet (Urteile vom 23.10.2006).
Am 2.8.2007 schlossen die Parteien einen Trennungsvertrag (Anl. K 11), wonach der Kläger seine Beteiligungen an der US-amerikanischen Familiengesellschaft B. für 50 Mio. EUR an die Beklagten verkauft und aus der Gesellschaft ausscheidet. Der Vertrag enthält eine Erledigungsklausel für alle seinerzeit bekannten Streitpunkte und als Anl. 8 die "Vereinbarung zur Beilegung sonstiger Rechtsstreitigkeiten" (Anl. K 1, im Folgenden "Beilegungsvereinbarung"), die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Diese sieht in Ziff. 4 vor, dass die Gemeinschaft aufgehoben wird und die Beklagten die Zustimmung zur Auszahlung von je 40 % der auf den gemeinschaftlichen Konten bei der Sparkasse S. und der L. vorhandenen Vermögen an den Kläger erteilen. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Abgabe dieser Zustimmungserklärungen der Beklagten gegenüber den beteiligten Banken sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht und Ersatz von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Die Beklagten halten der Klage an sie abgetretene Schadensersatzansprüche einer US-Gesellschaft der Firmengruppe gegen den Kläger entgegen, die darauf beruhen, dass dieser in seiner früheren Tätigkeit für diese Gesellschaft für Unregelmäßigkeiten verantwortlich sei. Weiterer Streitpunkt ist eine Prozessbürgschaft, die der Kläger schließlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem LG im vorliegenden Verfahren herausgab; sie ist im Rahmen des Feststellungsantrags noch Prozessgegenstand.
Vor den inhaltlichen Fragen streiten die Parteien jedoch über die Zulässigkeit der Klage, die der Kläger zunächst von einer Postfachadresse aus erhoben hatte. Auf die Rüge der Beklagten, der Kläger weigere sich, eine zustellungsfähige Adresse mitzuteilen, gab dieser während des erstinstanzlichen Verfahrens an, er sei postalisch in seinem Büro unter der Adresse "R. 1" bzw. "Ru. 1" in C. in der Schweiz zu erreichen, wo er Schreibtischarbeiten erledige, wenn er in der Gegend sei. Dass er in den früheren Verfahren habe vorgetragen lassen, in C. könne ihm nicht zugestellt werden, weil er dort nicht wohne, sei eine bloße Rechtsmeinung gewesen.
2. Das LG hat mit dem angegriffenen Urteil vom 14.5.2009 der Klage stattgegeben und die Beklagten verurteilt, gegenüber den beiden beteiligten Banken der Auszahlung von 40 % des Wertes von vier Termingeld- und Aktiendepots an den Kläger zuzustimmen. Weiter hat das LG die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt und sie zum Ersatz von Anwaltskosten verpflichte...