Leitsatz (amtlich)
Eine als Drittwiderklage bezeichnete Klagschrift eines am Rechtsstreit bislang unbe-teiligten Dritten ist als eigenständige Klage zu behandeln. Das Gericht hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob der neue Rechtsstreit mit dem bereits anhängigen Rechtsstreit zu verbinden ist.
Normenkette
ZPO §§ 33, 147, 281
Verfahrensgang
AG Tübingen (Urteil vom 24.10.2011; Aktenzeichen 1 XV 2/11) |
Tenor
1. Die Berufung der "Drittwiderklägerin" gegen das Urteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Tübingen vom 24.10.2011 - 1 XV 2/11, wird hinsichtlich 494,80 EUR Anwaltskosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insoweit nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen wird.
2. Im Übrigen wird auf die Berufung der "Drittwiderklägerin" das Verfahren und das Urteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Tübingen vom 24.10.2011 - 1 XV 2/11, aufgehoben und der Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung in einem eigenständigen, vom Rechtsstreit zwischen dem Kläger und dem Beklagten getrennten Verfahren an das AG - Landwirtschaftsgericht - Tübingen zurückverwiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.350 EUR
Gründe
I. Zwischen dem Kläger als Pächter und dem Beklagten sowie dessen Ehefrau, der "Drittwiderklägerin", bestehen verschiedene Pachtverhältnisse über landwirtschaftliche Grundstücke. Der Kläger hat von der "Drittwiderklägerin" die landwirtschaftlichen Grundstücke Flurstücke ...,...,... sowie ... in H. gepachtet. Aus den Pachtverhältnissen sind verschiedene Streitigkeiten entstanden, die Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren und sind. Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Teil-Urteils des AG - Landwirtschaftsgericht - Tübingen vom 24.10.2011, Az: 1 XV 2/11, verwiesen.
Mit diesem Teil-Urteil hat das AG die "Drittwiderklage" als unzulässig abgewiesen. Das AG - Landwirtschaftsgericht - Tübingen sei aufgrund der bindenden Verweisung durch das AG Münsingen für das Verfahren zuständig. Im Gegensatz zum übrigen Streitgegenstand sei die "Drittwiderklage" entscheidungsreif und deshalb durch Teil-Urteil abzuweisen, weil keine streitgenössische oder isolierte Drittwiderklage, sondern eine Widerklage durch eine dritte Person vorliege. Eine Abtrennung der "Drittwiderklage" sei nicht möglich, weil dafür die Voraussetzungen einer Widerklage nach § 33 ZPO dem Grunde nach vorliegen müssten. Selbst wenn dies möglich wäre, sei dies tatsächlich unmöglich, weil im Widerklageantrag Nr. 1 bezüglich der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten der Widerkläger und die "Drittwiderklägerin" als Gesamtgläubiger auftreten. Eine solche Gesamtgläubigerschaft liege aber nicht vor, weil eigenständige Ansprüche des Widerklägers einerseits und der widerklagenden dritten Person andererseits vorlägen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Dagegen wendet sich die Berufung der Drittwiderklägerin. Die Bindungswirkung der Verweisung des Rechtsstreits durch das AG Münsingen beziehe sich auch auf die Zulässigkeit der "Drittwiderklage", weil ansonsten das AG Münsingen die "Drittwiderklage" habe abtrennen müssen. Wenn die "Drittwiderklage" unzulässig sei, habe sie antragsgemäß abgetrennt werden müssen. Hinsichtlich der im Widerklagantrag Ziff. 1 als Gesamtgläubiger geltend gemachten Forderung sei mangels Trennbarkeit gemäß der Auffassung des AG der Erlass eines Teil-Urteils unzulässig. Tatsächlich sei jedoch auch bezüglich dieses Widerklagantrags eine Abtrennung möglich. Wenn der Erstattungsanspruch hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten dem Beklagten und der "Drittwiderklägerin" nicht als Gesamtgläubiger zustehen sollte, seien die vorgerichtlichen Anwaltskosten der "Drittwiderklägerin", soweit die von ihr geltend gemachten Ansprüche betroffen seien, als Nebenforderung an sie zu erstatten, was mit dem Hilfsantrag zu Ziff. 2a geltend gemacht werde. Vorsorglich berechnet die "Drittwiderklägerin" die ihr entstandenen Anwaltskosten aus dem Streitgegenstand ihrer eigenen Klaganträge mit einem Gegenstandswert von 6.140,80 EUR mit brutto 827,05 EUR. Die A Rechtsschutzversicherung AG habe ihren Erstattungsanspruch an die "Drittwiderklägerin" rückabgetreten, so dass die "Drittwiderklägerin" aktivlegitimiert sei.
Die "Drittwiderklägerin" beantragt:
1. Der Rechtsstreit wird an das AG Tübingen - Landwirtschaftsgericht - zurückverwiesen.
Hilfsweise: Das Verfahren der Berufungsklägerin wird zur gesonderten Verhandlung abgetrennt und der Rechtsstreit an das AG Tübingen - Landwirtschaftsgericht - zurückverwiesen.
2. Das Teil-Urteil des AG Tübingen - Landwirtschaftsgericht - vom 24.10.2011, Az: 1 XV 2/11 wird abgeändert und der Kläger verurteilt,
a) als Nebenforderung vorgerichtlich angefallene Anwaltskosten i.H.v. EUR 1.321,85 an die Berufungsklägerin als Gesamtgläubige...