Leitsatz (amtlich)
1. Durch die Verbindung eines Teil-Grundurteils über eine Schadensersatzklage mit einem Teil-Endurteil über das Feststellungsbegehren hinsichtlich der weiteren Schäden wird die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen auch im Instanzenzug ausgeschlossen und dadurch die Voraussetzung für den Erlass eines Teilurteils geschaffen (Ziff. II 1a) aa)). Der Umfang der Rechtskraft des Feststellungstitels bestimmt sich in negativer Abgrenzung zum Streitgegenstand der Leistungsklage auf Schadensersatz (Ziff. II 1a) bb)).
2. Für das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse genügt es, wenn ein Mangel vorliegt und weitere Schadensfolgen zumindest entfernt möglich sind (Ziff. II 1a) cc)).
3. Wirkt sich ein Mangel am Gemeinschaftseigentum nicht auf die Nutzung des Gemeinschaftseigentums und nicht auf die Nutzung des Sondereigentums des Anspruchstellers, sondern nur auf das Sondereigentum anderer Wohnungseigentümer aus, kann der Geltendmachung des sog. großen Schadensersatzes der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen (Ziff. II 5c); vgl. zum neuen Recht § 281 Abs. 1 S. 3 BGB). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der große Schadensersatzanspruch entstanden und der Erfüllungsanspruch untergegangen ist (vgl. § 634 Abs. 1 BGB a.F. und § 281 Abs. 4 BGB n.F.).
4. Nach einer rechtsgeschäftlichen Übertragung der Gewährleistungsrechte des Ersterwerbers einer Eigentumswohnung an den Zweiterwerber errechnet sich der Umfang des großen Schadensersatzanspruchs jedenfalls dann nach den Vermögensverhältnissen des Zessionars, wenn die Abtretung im Hinblick auf den den Schadensersatzanspruch auslösenden Mangel gutgläubig erfolgt ist und der Schadensersatzanspruch erst nach Abtretung entstanden ist (Ziff. II 6a)).
Normenkette
ZPO §§ 301, 256 Abs. 1; BGB a.F. § 635; BGB n.F. § 634 Nr. 4, § 281 Abs. 1; BGB §§ 242, 398
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 29.01.2010; Aktenzeichen 3 O 372/08 II) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des LG Heil-bronn vom 29.1.2010 - 3 O 372/08 II, wird zurückgewiesen.
1. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Nebenintervenienten tragen ihre außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens selbst.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
3. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 753.829,82 EUR
(Zahlungsbegehren: insgesamt 723.829,82 EUR;
Feststellungsbegehren: 3 × 10.000 EUR)
Gründe
I. Die Kläger begehren von der Beklagten den sog. großen Schadensersatz mit der Behauptung, in ihren von der Beklagten errichteten Eigentumswohnungen in der Wohnungseigentumsanlage G. straße 63 bis 67 in S. träten immer wieder Entspannungs- oder Verspannungsgeräusche auf, die einen Mangel darstellten.
Die Klägerin 1 hat mit ihrem Ehemann am 12.11.1999 ihre Eigentumswohnung erworben. Die Klägerin 2 erwarb ihre Eigentumswohnung mit Notarvertrag vom 20.7.2000 von den Eheleuten R. und T. Sa. für 374.800,- DM, die die Eigentumswohnung ihrerseits mit notariellem Kaufvertrag vom 11.6.1999 von der Beklagten erworben hatten. Gemäß § 7 des Kaufvertrags der Klägerin 2 wurden ihr Gewährleistungsansprüche der Eheleute R. und T. Sa. gegen die Beklagte abgetreten. Der Kläger 3 tritt als Rechtsnachfolger kraft Erbrechts für seinen Bruder Bruno Sch. auf, der mit notariellem Kaufvertrag vom 14.1.2000 eine Wohnung für 369.500,- DM erworben hat.
Bezüglich dem Sach- und Streitstand erster Instanz wird auf den Tatbestand des Grund- und Teilurteils des LG Heilbronn vom 29.1.2010 - 3 O 372/08 II, verwiesen.
Mit diesem Urteil hat das LG Heilbronn den Zahlungsansprüchen dem Grunde nach weitgehend und den Feststellungsbegehren vollständig stattgegeben. Die dem Grunde nach weitergehenden Klagen wurden abgewiesen.
Aus dem Ersterwerb von der Beklagten stünden den Klägern Ansprüche aus § 635 BGB a.F. zu. Die hierfür erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung liege im Anwaltsschreiben vom 1.12.2006 (Anlage K 10) vor. Die Wohnungen der Kläger seien mangelhaft, wobei offen bleiben könne, ob die Geräusche von den Schubdornen bzw. von deren Bewegung in den zugehörigen Hülsen selbst ausgehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Gebäude aufgrund seiner Bauweise von Anfang an derart beschaffen, dass gegenwärtig und auch in Zukunft aus der Gebäudekonstruktion Geräusche in einer Art, Lautstärke und Häufigkeit entstünden, welche die Bewohnbarkeit von im Gebäude gelegenen Wohnungen erheblich beeinträchtigten. Das LG stützt sich dabei auf die Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. M.. Es sei nachvollziehbar, dass die Geräusche nicht nach den Verhältnissen am Ort ihrer Entstehung, sondern am Ort ihrer Wirkung zu messen seien. Die maßgebliche "Wirkung" des Schalls müsse vergleichbar gestaltet werden, nachdem sie in einem Raum von dessen Größe und den aku...