Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Abgeschlossenheit für Altbauumwandlungen
Leitsatz (amtlich)
Die Abgeschlossenheit im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG erfordert auch bei Altbauten, daß die Wohnungstrennwände und -decken den bei Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung geltenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Schall-, Wärme- und Brandschutz entsprechen.
Normenkette
WEG § 3 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 1 T 1/90) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 7. 3. 1990 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat das Eigentum an 3 ihr gehörenden älteren Gebäuden gemäß § 8 WEG in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt und die Eintragung im Grundbuch beantragt. Die dem Grundbuchamt vorgelegten Abgeschlossenheitsbescheinigungen (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG) nach dem Muster der Anlage zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 WEG vom 19. 3. 1974 (= AVwV-BAnZ 1974 Nr. 58 vom 23. 3. 1974) haben folgenden Wortlaut:
„Die in dem beiliegenden Aufteilungsplan mit Nr. … bezeichneten Wohnungen … in dem bestehenden / teils zu errichtenden Gebäude … sind/gelten als in sich abgeschlossen. Sie entsprechen daher dem Erfordernis des § 3 Abs. 2 … des Wohnungseigentumsgesetzes. … Hinweis: Die Wohnungstrennwände und Decken entsprechen nicht den heutigen Anforderungen nach DIN 4109, 4108 und 4102 (Schall-, Wärme- und Brandschutz)”.
Das Grundbuchamt wies den Eintragungsantrag zurück mit der Begründung, daß sich unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. 7. 1989 (8 B 112/89 = NJW 90, 848) aus den vorgelegten Abgeschlossenheitsbescheinigungen ergebe, daß die Wohnungen nicht in sich abgeschlossen seien. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluß des Landgerichts vom 7. 3. 1990 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß legte die Antragstellerin weitere Beschwerde ein, auf deren Begründung Bezug genommen wird.
II. Der Senat hält die zulässige weitere Beschwerde für nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nach seiner Ansicht nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht (§§ 78 GBO, 550 ZPO). Der Senat möchte sich der Ansicht des Landgerichts anschließen, daß das Grundbuchamt die Eintragung des Wohnungseigentums zu Recht abgelehnt hat, weil sich aus den Abgeschlossenheitsbescheinigungen ergibt, daß die Abgeschlossenheit im Sinne von § 3 Abs. 2 WEG nicht vorliegt. Hieran sieht er sich jedoch durch den Beschluß des BayObLG vom 20. 6. 1990 (2 Z 37/90 = BayObLGZ 1990 Nr. 37 – inhaltsgleich mit dem Beschluß vom 28. 6. 1990 – 2 Z 54/90) gehindert. Er legt die weitere Beschwerde deshalb nach § 79 Abs. 2 GBO dem Bundesgerichtshof vor.
Nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG muß sich aus der dem Grundbuchamt vorzulegenden Bescheinigung der Baubehörde, deren Vorlage eine Eintragungsvoraussetzung ist, ergeben, daß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 WEG vorliegen, daß also die Wohnungen oder sonstigen Räume „in sich abgeschlossen” sind. In dem dem Muster der Anlage der AVwV entsprechenden Formblatt des Baurechtsamts ist zwar angegeben, daß die Wohnungen in sich abgeschlossen sind und daher dem Erfordernis des § 3 Abs. 2 WEG entsprechen. Aus dem diesem Formblatt hinzugefügten Hinweis ergibt sich jedoch, daß es an der Abgeschlossenheit tatsächlich fehlt. Abgeschlossen im Sinne von § 3 Abs. 2 WEG ist eine Wohnung nämlich nach Ansicht des Senats nur, wenn die Wohnungstrennwände und -decken den bei Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigungen geltenden baurechtlichen Vorschriften über Schall-, Wärme- und Brandschutz entsprechen.
Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine Definition des Begriffs „abgeschlossen”. Eine Definition enthält jedoch die AVwV. Dort heißt es in Ziff. 5 a, daß abgeschlossene Wohnungen solche Wohnungen sind, „die baulich vollkommen von fremden Wohnungen und Räumen abgeschlossen sind, z. B. durch Wände und Decken, die den Anforderungen der Bauaufsichtsbehörden (Baupolizei) an Wohnungstrennwände und Wohnungstrenndecken entsprechen und einen eigenen abschließbaren Zugang unmittelbar vom Freien …. haben”. Dieselbe Begriffsbestimmung enthielten bereits die auf Grund von § 59 WEG erlassenen Richtlinien für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des WEG vom 3. 8. 1951 (BAnz Nr. 152 vom 9. 8. 1951) in Ziff. 5 a, deren Formulierung auf DIN Bl. 283 (GMBl 1951, 79) zurückgeht.
An diese Auslegung des Begriffs der Abgeschlossenheit in der AVwV ist der Senat zwar nicht gebunden. Verwaltungsvorschriften mit materiell-rechtlichem Inhalt sind nämlich grundsätzlich Gegenstand, nicht Maßstab richterlicher Kontrolle (BVerfG NJW 89, 666). Der Senat hält die in Ziff. 5 a der AVwV enthaltene Auslegung jedoch für eine zutreffende Auslegung des Begriffs der Abgeschlossenheit in § 3 Abs. 2 WEG. Er schließt sich dieser Auslegung insoweit an, daß Wohnungen und son...