Leitsatz (amtlich)
Für den Eintritt der Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB reicht es aus, wenn der Anleger im eingereichten Güteantrag die streitgegenständliche Kapitalanlage benennt und als Schadensursache Falsch- und Schlechtberatung durch den Berater/Vermittler der Beklagten geltend macht, weil ihm suggeriert worden sei, es handele sich bei dem genannten Immobilienfonds um eine sichere und gewinnbringende Anlage, ohne dass die Risiken und Nachteile der Beteiligung erläutert worden seien, und er im Übrigen behauptet, der Emissionsprospekt sei in mehreren Punkten fehlerhaft. Für die hinreichende Individualisierung des Güteantrags ist es dagegen nicht erforderlich, dass der Schaden beziffert und ein konkreter Antrag angekündigt wird oder die Namen der handelnden Personen, insbesondere des Vermittlers, sowie der Zeitpunkt der Anlage angegeben werden. Nicht erforderlich ist es ferner, dass nähere Umstände zu der behaupteten Falsch- und Schlechtberatung genannt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn die Verfahrensordnung der Gütestelle i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO vorsieht, dass der Antrag lediglich den Namen und die ladungsfähige Anschrift der Parteien, eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegenstand des Streits und des Begehrens enthalten und unterschrieben sein muss.
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 4, § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 13.06.2013; Aktenzeichen 25 O 12/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 13.6.2013 (25 O 12/13) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Berufungsstreitwert: 18.330,39 EUR.
Gründe
I. Der Kläger fordert Schadensersatz wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung. Hinsichtlich des Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, weil der Kläger insbesondere im Hinblick auf die persönliche Haftung als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die damit einhergehende Nachschusspflicht nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Der Kläger müsse sich keine Steuervorteile anrechnen lassen, weil die Schadensersatzleistung im Umfang der zuvor geltend gemachten Werbungskosten steuerbar sei. Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt, weil er noch innerhalb der Verjährungsfrist einen hinreichend individualisierten Antrag bei einer anerkannten Gütestelle gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gestellt habe.
Die Beklagte behauptet, die streitgegenständliche Kapitalanlage sei aus rein steuerlichen Motiven erfolgt. Die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausstiegs sei nicht näher beleuchtet worden, weil der Kläger das eingesetzte Kapital ganz oder jedenfalls weit überwiegend in Form von Steuererstattungen habe zurückerhalten sollen. Daher habe die prinzipiell eingeschränkte Fungibilität keine Rolle gespielt. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass er einer unternehmerisch tätigen und anteilig fremd finanzierten Gesellschaft beitrete. Der Emissionsprospekt sei dem Kläger ausgehändigt worden. Der Kläger habe erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist gezeichnet. Der Güteantrag sei nicht vor dem 3.1.2012 bei der Gütestelle "R" eingegangen. Der Eingangsstempel "28.12.2011" stamme nicht vom Schlichter R.
Die Beklagte beantragt:
Das Urteil des LG Stuttgart vom 13.6.2013 - 25 O 12/13, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt:
Zurückweisung der Berufung.
Der Kläger trägt vor, wenn er das Wort "Totalverlust" bei der Beratung gehört hätte, hätte er die Anlage nicht gezeichnet, weil er keine spekulative Anlage habe machen wollen. Er habe dem Zeugen H vertraut und sich auf seine Empfehlung verlassen. Über die Möglichkeit eines Nachschusses sei nicht gesprochen worden. Als dann die Nachschussforderung gekommen sei, sei er völlig überrascht gewesen. Er habe den Zeugen H angerufen und der habe gesagt, dass müsse dann wohl gemacht werden. Das sei so eine Wellenbewegung und man komme aus dem Tal dann vielleicht auch wieder raus.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9.4.2014 und vom 26.11.2014 Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W und H. Bezüglich des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf das Protokoll vom 26.11.2014 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Zutreffend hat das LG festgestellt, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung aus positiver Forderungsverletzung des zwischen den Parteien zustande g...