Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 09.02.1993; Aktenzeichen 2 KfH O 2259/92) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgericht Ravensburg vom 09. Februar 1993 – 2 KfH O 2259/92 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 20.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.
Streitwert der Berufung und Beschwer der Klägerin: |
89.252,09 DM |
Tatbestand
Die Klägerin verlangt aufgrund eines zwischen den Parteien auf VOB-Basis abgeschlossenen Bauvertrags von der Beklagten eine zweite Abschlagszahlung in Höhe von 89.252,09 DM. Diese Forderung ist für das Einbringen von Spundwänden auf dem in unmittelbarer Seenähe gelegenen Grundstück Reiherweg 6, Friedrichshafen-Seemoos, angefallen. Die Beklagte verweigert die Zahlung im Hinblick auf Schäden an ihrem sowie dem nördlich angrenzenden Grundstück. Zu diesen Schäden kam es wie folgt:
Vor Beginn der Bauarbeiten auf dem fraglichen Grundstück der Beklagten wurde auf Anregung der Klägerin wegen der problematischen Bodenverhältnisse ein Bau- und Gründungsgutachten des Dipl.-Geologen … F. eingeholt, welches von der Beklagten in Auftrag gegeben wurde. Auf der Grundlage dieses Gutachtens waren Spundwände zur Sicherung der Baugrube vorgesehen. Die Klägerin hat die Statik für die Spundwände erstellt und danach die Spundwände gesetzt. Vorwiegend an der nördlichen Seite des Grundstücks der Beklagten sind im Zuge des Baugrubenaushubs Spunddielen nach innen gegen die Baugrube hin abgekippt. Um weiteres Abkippen zu vermeiden, hat die Beklagte die Baugrube in deren nördlichen Bereich mit Kies verfüllen lassen.
Zur Ermittlung der Schadensursache hat die Beklagte das Ingenieurbüro für Geotechnik H. … GmbH S. beauftragt. Nach diesem Gutachten wurde durch das Einrütteln der Spunddielen Porenwasser in den Geschiebelehmschichten mobilisiert, was zu einem gegen die Spunddielen gerichteten Wasserüberdruck geführt haben soll. Auf das Verlangen der Beklagten, die Spunddielen zu ziehen, hat die Klägerin ihrerseits zur Ermittlung der Schadensursache und der Risiken im Falle der Entfernung der Spundwände ein selbständiges Beweissicherungsverfahren beim Landgericht Ravensburg beantragt. Diesem wurde durch Einnahme eines Augenscheins und Vernehmung des Sachverständigen Dipl.-Ingenieur … U. im Termin vom 20.11.1992 stattgegeben (LG Ravensburg 2 KfH OH 61/92). Nach Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen … U. wurde der Schaden durch eine falsche Statik verursacht, die auf unzureichenden Angaben im Bodengutachten des … F. beruht.
Die Klägerin hat vorgetragen, die verlangte Abschlagszahlung sei nach den vereinbarten VOB-Regeln fällig. Aufrechenbare Schadensersatzansprüche seien nicht gegeben. Denn für das Umkippen der Spunddielen könne sie nicht verantwortlich gemacht werden. Der eingetretene Schaden gehe auf Fehler im Gutachten von … F. zurück.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 89.252,09 DM nebst 10,75 % Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Werklohnforderung sei nicht fällig und der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Hilfsweise werde mit Schadenersatzansprüchen, aufgerechnet. Denn für die eingetretenen Schäden sei die Klägerin zumindest mitverantwortlich. Als Spezialunternehmen für die Einbringung von Spunddielen hätte sie die Problematik erkennen können. Grund für das Abkippen der Spunddielen sei des weiteren die von der Klägerin gelieferte Statik gewesen, die Fehler aufgewiesen habe. Bislang seien Schäden in Höhe von ca. 1,2 Mio. DM entstanden, u.a. durch Ansprüche des nördlichen Grundstücksnachbarn und Baukostenüberschreitung einschließlich erheblicher Zinsmehrbelastungen. Die Akten des Landgerichts Ravensburg – 2 KfH OH 61/92 – wurden zu Beweiszwecken beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat dem Bodengutachter … F. und dem Architekten Sch. den Streit verkündet. Keiner der beiden ist in erster Instanz dem Verfahren beigetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Anspruch der Klägerin, auf die Abschlagszahlung sei berechtigt und zur Zahlung fällig. Die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche seien nicht begründet. Nach der Beweisaufnahme sei festzustellen, daß die Klägerin den Schaden nicht zu verantworten habe. Ursache für das Abkippen der Spundwand seien die unzureichenden Vorgaben im Gutachten von … F. gewesen. Dies habe dazu geführt, daß in der Statik der Klägerin ein falscher Wandreibungswinkel verwendet worden sei. Die Klägerin treffe auch kein Mitverschulden. Nachdem die Beklagte eigens auf Anregung der Klägerin ein Bodengutachten eingeholt habe, könne von der Klägerin keine Überprüfung aufgrund eigener Sachkenntnis verlangt werde...