Leitsatz (amtlich)
Die Überweisung einer deutschen GmbH von bei einem deutschen Kreditinstitut geführten Konto auf ein bei einem anderen deutschen Kreditinstitut geführten Konto desselben Kontoinhabers unterfällt nicht der Embargo-Verordnung VO (EU) 833/2014.
Normenkette
BGB § 675 f., § 675o; VO (EU) 269/2014 Art. 11; Verordnung (EU) Nr. 833/2014 Art. 11 f.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 14.12.2023; Aktenzeichen 21 O 251/23) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 14.12.2023, Az. 21 O 251/23, abgeändert:
Die Verfügungsbeklagte wird verpflichtet, von dem auf den Namen der Verfügungsklägerin geführten Konto mit der Nr. ...3 einen Betrag von 25.744.438,00 Euro auf das ebenfalls auf den Namen der Verfügungsklägerin geführte Konto bei der Stadtsparkasse M., BIC: ..., IBAN DE...4 unter Angabe des Verwendungszwecks "Umbuchung auf ..." zu übermitteln.
2. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens über die einstweilige Verfügung in beiden Instanzen.
3. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 25.774.438,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 22.12.2023 gegen den - ohne mündliche Verhandlung ergangenen - Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 14.12.2023, Az. 21 O 251/23. Mit diesem hat es ihren Antrag vom 12.12.2023 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte, eine u. a. mit der Abwicklung von Auslandszahlungen betraute Landesbank, zurückgewiesen, diese zu verpflichten, einen auf den Namen der Verfügungsklägerin geführten, 2017 eröffneten EU-Girokonto mit der Nr. ...3 befindlichen Betrag auf das genannte, ebenfalls auf ihren Namen geführte, Konto bei der Stadtsparkasse M. zu übertragen.
Die Verfügungsklägerin hatte der Verfügungsbeklagten im Juni 2023 zunächst einen Überweisungsauftrag in Höhe von 25.744.438,00 EUR zugunsten der russischen N. (nachfolgend: N.) erteilt (Anl. AG5). Diese beauftragte Überweisung diente der Rückzahlung einer von der N. zuvor geleisteten Anzahlung auf einen Anlagenbauvertrag vom 01.12.2021, von dem diese zurückgetreten war (Anl. K11).
Nach Anfang August 2023 geäußerten Bedenken der Verfügungsbeklagten gegen die Durchführung des Zahlungsauftrags im Hinblick auf gegen Russland verhängte Sanktionen nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EU) 833/2014 des Rates vom 31.07.2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, (Anl. K14) trat die N. den Rückzahlungsanspruch am 06.09.2023 an ihr Tochterunternehmen B. (nachfolgend: B.) ab. Mit dieser hatte die Verfügungsklägerin am 29.06.2022 einen ähnlichen Vertrag, allerdings geringeren Umfangs, geschlossen (Anl. K15 ff.). Spätestens seit dem 10.11.2023 begehrt die Verfügungsklägerin allein die Auszahlung an sich (s. Anl. K5 S. 1) durch Überweisung auf ein auf ihren Namen geführtes Konto bei der Stadtsparkasse M. (vgl. Anl. K10). Die von der Verfügungsbeklagten geforderten Unterlagen nebst Aufforderung der N. vom 21.08.2023, die ursprüngliche Überweisung nicht durchzuführen (Anl. K14, letzte Seite), brachte die Verfügungsklägerin nach Erstellung bzw. Beschaffung bei und legte nach Auszahlungsverweigerung vom 16.10.2023 (Anl. K4) Ende November 2023 eine Bestätigung der N. vor, aufgrund der Abtretung keine Rückzahlungsansprüche mehr geltend zu machen (Anl. K15). Abschließend heißt es darin:
"Repeatedly we urge you to fulfill your obligations under the agreement between E. GmbH and B. № ... dated 29 June 2022 and to use EUR 25.744.438,00 on this project."
Nach Bekräftigung der Auszahlungsverweigerung durch die Verfügungsbeklagte unter Verweis auf das Ergebnis eines ihrerseits eingeholten Gutachtens vom 12.12.2023 (Anl. K6) hat die Verfügungsklägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.
Diese hat das Landgericht mit dem mit der sofortigen Beschwerde vom 22.12.2023 angegriffenen und der Verfügungsklägerin am Folgetag zugestellten (Bl. I 55 der Akte) Beschluss vom 14.12.2023 mangels Verfügungsanspruchs und -grundes zurückgewiesen. Einen Auszahlungsanspruch habe die Verfügungsklägerin nicht, weil die Verfügungsbeklagte die Ausführung des Auftrags zu Recht unter Berufung auf Art. 11 Abs. 1 Buchst. b) VO (EU) Nr. 833/2014 verweigert habe, wofür schon die Beweislastregel des Art. 11 Abs. 2 der Verordnung spreche. Unerheblich sei, dass keine russische Gesellschaft, sondern die Verfügungsklägerin den Anspruch geltend mache, weil es sich materiell weiterhin um einen Anspruch einer Gesellschaft mit Sitz in Russland handele. Auch sei § 404 BGB entsprechend anwendbar, wonach der Schuldner dem neuen Gläubiger die dem alten Gläubiger gegenüber bestehenden Einwendungen entgegenhalten könne.
Ein Verfügungsgrund liege nicht vor, weil die Verfügungsklägerin Verfügungen über den Betrag, wäre er nicht von einem Zahlungsverweigerungsrecht erfasst, auch gleich vom streitgegenstän...