Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anleger, der über eine Treuhänderin an einer OHG beteiligt ist, ist im Innenverhältnis aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet, seine wirtschaftlichen Verhältnisse ggü. der das Bauvorhaben der OHG finanzierenden Bank im Umfang des § 18 KWG offen zu legen, auch wenn er im Außenverhältnis selbst nicht auf darlehensvertraglicher Grundlage für diese Verbindlichkeiten der OHG haftet. Diese Offenlegungspflicht besteht jedenfalls als einmalige Verpflichtung dann, wenn sonst der Gesellschaftszweck gefährdet wäre (Scheitern von Sanierungsvereinbarungen mit der Gefahr einer Fälligstellung der Darlehen).

2. Die Ablehnung der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Treuhänderin hat nicht zur Folge, dass der Treugeber ohne weitere Rechtsakte unmittelbar in die Gesellschafterstellung einrückt und allein deswegen zur Offenlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ggü. der Darlehensgeberin der OHG verpflichtet ist.

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Urteil vom 09.12.2004; Aktenzeichen 21 O 98/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Tübingen vom 9.12.2004 (21 O 98/04) abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, ggü. der X-Bank Auskunft über seine persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zu geben, indem der in den Seiten 2a bis 2c dieses Urteils beigefügte, von der X-Bank herausgegebene Selbstauskunftsbogen vollständig ausgefüllt, von ihm unterzeichnet und entweder von seinem steuerlichen Berater als richtig bestätigt wird oder als Nachweise die darin genannten Unterlagen (insb. Kopien aktueller Steuerbescheide, Bilanzen, Überschussrechnungen und/oder Gehaltsabrechnungen) überreicht werden.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben. Die Streithelferin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Im Hinblick auf die Verurteilung des Beklagten in der Hauptsache kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Hinsichtlich der Kosten können die Parteien jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Streitwert: 100.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine OHG mit dem Gesellschaftszweck Erwerb, Bebauung und Vermietung von mit Gewerbeeinheiten und insgesamt 159 Wohnungen bebauten Grundstücken in Z., macht gegen den Beklagten als einem von etwa 130 Mitgesellschaftern einen Anspruch auf Offenlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ggü. der Streithelferin, der das Objekt finanzierenden Bank, geltend.

1. Der Beklagte unterzeichnete aufgrund einer Vermittlung durch die Kapitalvermittlungsgesellschaft P. GmbH am 17.11.1994 eine am 24.11.1994 gegengezeichnete Beitrittserklärung zu der Klägerin (Gesellschaftsvertrag Anlage K 2, Bl. 11/17) mit einer Beteiligungssumme von 1.836.400 DM zzgl. 5 % Agio (Anlage K 1, Bl. 9/10). In dem Formular der Beitrittserklärung ist vorgesehen, dass die Anleger entweder unmittelbar in die OHG, die am 18.5.1994 im Handelsregister eingetragen wurde, eintreten oder aber über einen Treuhänder an der Gesellschaft beteiligt sind.

Die Einlage wurde gemäß einem im Prospekt abgedruckten Treuhandvertrag (Anlage K 14, Bl. 116/117), den der Beklagte bei seiner Zeichnung als verbindlich anerkannte, treuhänderisch von der K. Vermögensverwaltungs GmbH (nachfolgend: K. GmbH) für den Beklagten gehalten. In dem Treuhandvertrag sind u.a. folgende Regelungen enthalten:

§ 2 Zurechnung der Beteiligung, Abtretung

1. Auch wenn der Treuhänder im eigenen Namen Gesellschafter wird, gebührt die Gesellschaftseinlage allein dem Treugeber. Die vom Treuhänder für Rechnung und im Interesse des Treugebers erworbenen gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten treffen im Innenverhältnis ausschließlich den Treugeber ...

2. Die Einlage wird vom Treugeber direkt an die OHG geleistet. Im Innenverhältnis wird der Treuhänder von allen Verpflichtungen freigestellt. Die Zahlung des Treugebers an die OHG erfolgt im Außenverhältnis zugleich zur Erfüllung der Einzahlungsverpflichtung des Treuhänders.

3. Die sich aus dem Treuhandverhältnis ergebenden steuerlichen Wirkungen treffen ausschließlich den Treugeber.

4. Der Treuhänder tritt in Höhe des dem Treugeber zuzurechnenden Anteils seine Ansprüche gegen die OHG auf Auszahlung von Gewinnen, Auseinandersetzungsguthaben und Liquidationserlös bereits jetzt an den Treugeber ab. Der Treugeber nimmt diese Abtretung an.

§ 3 Pflichten des Treuhänders

4. Der Treuhänder hat die ihm zustehenden Entscheidungs- und Kontrollrechte entsprechend den Weisungen des Treugebers ausüben. Der Treugeber nimmt grundsätzlich selbst an den Gesellschafterversammlungen teil und übt die ihm aus der treuhänderischen Beteiligung zuste...

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