Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 19.08.2016; Aktenzeichen 10 O 45/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Ulm vom 19.08.2016, Az. 10 O 45/16, wie folgt abgeändert:
1. Die Beklage wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft,
oder
einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "ASS + C-... Schmerzen" mit der Angabe zu werben:
"Eine Extraportion Vitamin C unterstützt das Immunsystem",
sofern dies wie folgt geschieht:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.07.2016 zu bezahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus der Urteilsformel Ziff. I.1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 Euro und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 250.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Kläger verlangt vom beklagten Pharmazieunternehmen die Unterlassung einer Werbeäußerung zur Wirkung von Vitamin C, das in dessen Schmerzmittel enthalten ist.
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu den Mitgliedern zählen auch zahlreiche Hersteller von Arzneimitteln (vgl. die Mitgliederliste in der Anlage K1, Seite 21 bis 24).
Die Beklagte vertreibt als pharmazeutisches Unternehmen unter anderem ihr Arzneimittel "ASS+C-...® gegen Schmerzen Brausetabletten". Dieses Schmerzmittel ist für folgende Anwendungsgebiete zugelassen (vgl. die Fachinformation in der Anlage K4 unter Ziff. 4.1):
- leichte bis mäßig starke Schmerzen (wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Regelschmerzen, schmerzhafte Beschwerden, die im Rahmen von Erkältungskrankheiten auftreten).
- Fieber.
Jede Brausetablette enthält 600 mg Acetylsalicylsäure und 200mg Ascorbinsäure (Vitamin C). Zu den pharmakodynamischen Eigenschaften teilt die Beklagte in den Fachinformationen (Anlage K 4 unter Ziff. 5.1) mit: "Bei gleichzeitiger Verabreichung mit Acetylsalicylsäure zeigte Ascorbinsäure in klinischen Studien Hinweise auf eine protektive Wirkung bezüglich Acetylsalicylsäure-induzierter Magenschleimhautläsionen."
Die Beklagte bewirbt im Internet das rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel, wie in der Urteilsformel abgebildet (vgl. auch Anlage K 3), mit dem Text:
"Wirkt mit Acetylsalicylsäure als Brausetablette rasch gegen Schmerzen. Eine Extraportion Vitamin C unterstützt das Immunsystem.
Anwendungsgebiete: Erkältungskrankheiten, Schmerzen, Entzündungen, Fieber u.Ä."
Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen, die Aussage "Eine Extraportion Vitamin C unterstützt das Immunsystem" werde durch den durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher dahingehend verstanden, mit dem beworbenen Mittel könne das Immunsystem so unterstützt werden, dass er Erkältungskrankheiten seltener bekomme als ohne Einnahme des Mittels. Darüber hinaus gehe der Verbraucher davon aus, dass es sich bei der das Immunsystem stärkenden Wirkung um ein eigenständiges Anwendungsgebiet handele. Eine derartige Werbung mit einer fehlenden Zulassung verstoße gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 3a HWG und sei zudem irreführend gem. § 3 HWG und § 5 UWG. Eine einmalige oder wenige Tage dauernde Einnahme des Mittels führe nicht zu einer Stärkung des Immunsystems. Eine positive Wirkung sei allenfalls dann zu erwarten, wenn Vitamin C regelmäßig über die Nahrung zugeführt werde, da der Körper davon keine Reserven anlegen könne. Zudem seien in einer Studie positive Wirkungen für die Erkältungsabwehr durch die Einnahme von Vitamin C nur bei Menschen festgestellt worden, die außergewöhnlichem Stress ausgesetzt gewesen seien wie etwa Marathon-Läufer oder Skifahrer. Der Kläger verweist diesbezüglich auf eine Analyse von 30 internationalen Studien (Hemilä/Chalker, "Vitamin C for preventing and treating the common cold" in: Cochrane Library, Januar 2013).
Der Kläger hat in der ersten Instanz beantragt, wie im vorliegenden Urteil erkannt.
Die Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in der ersten Instanz vorgetragen, die beanstandete Angabe werde durch den Verbraucher lediglich als ein Hinweis auf eine zusätzliche (unterstützende) Wirkung des Mittels verstanden und nicht als Hinweis auf eine zusätzliche Indikation als Immuntherapeutikum. In dem Umfeld, in dem das Anwendungsgebiet als Schmerzmittel dem Verbraucher plakativ verdeutlicht werde, könne die Werbung lediglich als ...