Verfahrensgang
LG Gera (Aktenzeichen 11 HK O 121/17) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 06.08.2018, Az. 11 HK O 121/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Gera ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen des Unterlassungsanspruches durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 30.000,00 abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von EUR 50.000,00 leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden, macht Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Diese betreibt eine Apotheke in S ... und bewarb im A ...A ..., Ausgabe für S .../R ... das Arzneimittel "I ..." (Tropfen bzw. Dragees) u.a. mit dem Zusatz "stärkt das Immunsystem" bzw. "sieben heimische Pflanzen stärken das Immunsystem". Bei I ... Tropfen bzw. Dragees handelt es sich um ein traditionell registriertes pflanzliches Arzneimittel für das Anwendungsgebiet "traditionell verwendet bei ersten Anzeichen und während einer Erkältung, z. B. Kratzen im Hals, Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Hustenreiz".
Nach fruchtloser Abmahnung hat der Kläger Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, die Beklagte bewerbe das Arzneimittel nicht mit dem registrierten Anwendungsgebiet. Erkenntnisse zur immunstärkenden Wirkung seien in den Fachinformationen nicht beschrieben und auch nicht bekannt. Die Werbung sei deshalb nach §§ 3, 3a HWG unzulässig.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Arzneimittel "I ...Dragees" und/oder "I ...Tropfen" zu werben:
"Es stärkt das Immunsystem..." und/oder
"7 heimische Heilpflanzen stärken das Immunsystem",
jeweils sofern dies geschieht wie in der Anzeigenwerbung der Beklagten gemäß Anlage K 3 wiedergegeben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, dem Kläger fehle die Aktivlegitimation. Der Unterlassungsantrag spalte die Werbeaussagen unzulässig auf. Bei der Werbeaussage handele es sich nicht um eine weitere Indikation oder einen weiteren therapeutischen Anwendungsbereich, sondern lediglich um pharmakologische Wirkungen. Eine Indikation "Stärkung des Immunsystems" existieren nach dem ATC-Code überhaupt nicht. Außerdem sei die Aussage, dass das Medikament das Immunsystem stärke, nicht falsch. Hierzu hat die Beklagte verschiedene Studien vorgelegt (vgl. Anlagen B2 bis B 24 bzw. entsprechende Übersetzungen). Ein Produkt wie I ..., das bei den ersten Anzeichen und während einer Erkältung zur Anwendung komme, habe aufgrund der in ihm enthaltenen Pflanzen eine positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf und eine immunstärkende Wirkung. § 3a HWG sei auf traditionelle registrierte Arzneimittel nicht anwendbar.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Gegen diese Verurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihre erstinstanzliche Rechtsverteidigung wiederholt und vertieft.
Die Beklagte rügt die fehlende Aktivlegitimation des Klägers. Ihm gehöre keine erhebliche Anzahl von Mitgliedern an, die Waren und Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben örtlichen Markt vertrieben. Versandhandelsapotheken könnten in die Beurteilung nicht einbezogen werden. Das gelte auch für solche Apotheken, die lediglich Mitglieder einer anderen Vereinigung seien. Bei einer Werbung in einer Zeitung sei der räumlich relevante Markt auf das Verbreitungsgebiet der Zeitung beschränkt. Überdies sei nicht ersichtlich, welche Apotheken, die Mitglieder des Klägers sind, Versandhandelsapotheken seien.
Sie trägt vor, das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Werbung dahingehend verstanden würde, dass sich das Arzneimittel günstig auf das Immunsystem im Sinne einer Heilung auswirke.
Die von ihr angeführten wissenschaftlichen Aufsätze/Studien belegten unzweifelhaft die Stärkung des Immunsystems. Diese Daten seien, was unter Sachverständigenbeweis gestellt werde, im Rahmen der überreichten pharmakologischen Studien als wissenschaftlich gesichert anzusehen. Jedenfalls seien aus den pharmakologischen Studien Rückschlüsse auf die Wirkung des ...