Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufungssache. Schadenersatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beweisschwierigkeiten eines Kapitalanlegers, die sich bei von ihm behaupteter Nichtaufklärung aus der Führung eines Negativbeweises ergeben, wird dadurch Rechnung getragen, daß der Vermittler die Behauptung des Anlegers substantiiert bestreiten muß.

2. Zum Mitverschulden eines Kapitalanlegers am Verlust seines Kapitals

3. Voraussetzungen für die Eigenhaftung eines Vertreters im Zusammenhang mit dem Verlust des angelegten Kapitals.

 

Beteiligte

Helga O.

1. Volker E

2. Jürgen B.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 8 O 121/98)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten B. wird das Schlußurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16.12.1999

geändert

und wie folgt gefaßt:

Der Beklagte B. wird verurteilt, an die Klägerin 109.000,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 7. Mai 1998 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

  1. Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszuges tragen der Beklagte E. 10/100, der Beklagte B. 25/100 und die Klägerin 65/100.

    Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im ersten Rechtszug trägt der Beklagte E. zu 10/100. und der Beklagte B. zu 25/100. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten B. trägt die Klägerin zu 65/100. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten im ersten Rechtszug selbst.

  2. Von den Kosten des zweiten Rechtszuges trägt die Klägerin 2/3, der Beklagte B. 1/3.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Beklagte B. kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 140.000,– DM, die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,– DM abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

bis 340.000,– DM,

Beschwer der Klägerin:

215.000,– DM,

Beschwer des Beklagten B.

109.000,– DM,

 

Tatbestand

Die Klägerin macht – teilweise aus abgetretenem Recht – Schadenersatzansprüche aus einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage geltend. Der Beklagte B. ist Presseoffizier bei der Bundeswehr. Nebenberuflich vermittelt er Kapitalanlagen. Diese Tätigkeit hat er zunächst für den A. st …, dann für den Beklagten E. und schließlich selbstständig ausgeübt. Von März 1996 bis Juli 1996 vermittelte der Beklagte B. der Klägerin vier Vermögensverwaltungsverträge mit der Fa. D. über 3 × 50.000,– DM und 1 × 80.000,– DM (Anlagen K 2/1 bis K 2/4). Das angelegte Kapital sollte jeweils mit 1,16 % bzw. 1,14 % monatlich verzinst werden. Mit einem weiteren Vermögensverwaltungsvertrag vom 25.06.1996/19.08.1996 (Anlage K 1/5) legte die Klägerin bei dieser Firma durch Vermittlung des Beklagten 63.000 USD mit einer monatlichen Verzinsung von 1,33 % an. Die drei über je 50.000,– DM geschlossenen Vermögensverwaltungsverträge wurden am 06.07./07.08.1996 durch einen vom Beklagten B. in Vertretung gezeichneten Vermögensverwaltungsvertrag zu einem Vertrag über 150.000,– DM zusammengefaßt (Anlage K 2/7 i. V. m. Anlage K 5/11). Vorgesehen war ein monatlicher Ertrag von 1,4 %. Der diesen Prozentsatz übersteigende Ertrag sollte der Gesellschaft zustehen. Der Beklagte E. teilte mit Rundschreiben vom 14.11.1996 (Anlage K 6) u. a. auch der Klägerin mit, die D. habe ihre Neukundenwerbung an die größere „Nachfolgegesellschaft S. … Inc.” übergeben. Sein Büro habe die Vertriebsdirektion Deutschland der S. übernommen.

Der Beklagte B. schloß am 06.11.1996 mit dem nun als „Finanzkanzlei E. …, Vertriebsdirektion Deutschland der S. Inc. (Produktgesellschaft)” firmierenden Beklagten E. einen Vertriebsvertrag (Anlage B 3), durch den er sich als Vertriebspartner verpflichtete, Kapitalanleger an die Produktgesellschaft zu vermitteln. Dem Beklagten B. wurde dabei im Rahmen des dort angeführten „Karriereplans” bis auf weiteres eine Provision nach „Karrierestufe G 3” als „Leitender Vertriebs-Repräsentant (LVR)” in Höhe von 1 % monatlich zugesagt. Ein Aufstieg bis 2 % monatlich als „Regional-Direktor (RD)” war – abhängig von der Höhe des Umsatzes – möglich.

Durch „Anlagevertrag” vom 21.11.1996, den der Beklagte in Vertretung der S. und der Beklagte B. als „Berater” unterzeichnet hat (Anlage K 8/1), wurden die von der Klägerin bei der D. angelegten Beträge von insgesamt 230.000,– DM auf das Anlageprogramm der S. „umgestellt”. Dabei wurde ein Ertrag von 24 % der Anlagesumme pro Jahr zugesichert. Durch „Anlagevertrag” vom 15.01.1997 (Anlage K 8/2) wurde auch die Anlage über 63.000 USD auf die S.A.B. „umgestellt”, insoweit wurde ein Ertrag von 20 % der Anlagesumme pro Jahr zugesagt.

Der Beklagte B. wandte sich mit einem Rundschreiben vom 22. März 1997 (Anlage K 2/10) unter der Bezeichnung Jürgen B. Finanzbetreuung, „Der unabhängige Berater” an Anna S., die Mutter der Klägerin, und pries die Anlage bei der S. als „ertragsstarke Kapitalanlage” an. Er führt u. a. aus, die S. werde durch „professionelles Portfoliomanagement” geführt und garantiere vertraglich, „daß das angelegte Kapital stets zu 100 % abgesichert” sei.

Am 22. März 1997 s...

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