Leitsatz (amtlich)
›1. Trifft das Berufungsgericht dieselben Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten wie das Urteil erster Instanz, kann es auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug nehmen, wenn die Gesamtdarstellung durch die Bezugnahme nicht unklar wird und der Umfang der Bezugnahme genau angegeben ist.
2. Inhaltliche Mängel durch unklare, widersprüchliche oder unvollständige Feststellungen im Urteil erster Instanz wirken sich unmittelbar auf das Berufungsurteil aus.‹
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 23.07.2002; Aktenzeichen 36 Ns 103 Js 14049/02) |
AG Stuttgart (Aktenzeichen 1 Ds 103 Js 14049/02) |
Gründe
I.
Das Amtsgericht Stuttgart hatte die Angeklagte wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu der Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Angeklagten wurde durch das Landgericht Stuttgart mit dem von ihr angefochtenen Urteil vom 23. Juli 2002 verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, die das Urteil des Landgerichts mit der allgemeinen Sachrüge angreift.
Das Landgericht hat zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten folgende Feststellungen getroffen:
Zur Person der Angeklagten und ihren strafrechtlichen Vorbelastungen hat die Berufungskammer dieselben Feststellungen getroffen wie im angefochtenen Urteil unter 1 (Seite 3 / 4 der Urteilsgründe). Hierauf wird Bezug genommen.
Abweichend wurde festgestellt, dass der Pkw des Ehemanns der Angeklagten bereits 12 Jahre alt ist.
Bezüglich der Diebstahlstat vom 25. Februar 2000, welche dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 23. März 2000 zugrunde liegt, wurde infolge der Einräumungen der Angeklagten festgestellt, dass sie sich bei der Tatbegehung in Begleitung einer Freundin befunden hatte, gegen die wegen Mitnahme ebenfalls unbezahlter Ware auch eine Strafanzeige erstattet worden war.
Auch hinsichtlich des Schuldspruchs hat das Landgericht auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen und die Bezugnahme klar bezeichnet.
Die Generalstaatsanwaltschaft, die von einer rechtswirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung ausgeht, stellt den Antrag, das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben. Das Urteil könne keinen Bestand haben, da es gemäß § 267 Abs. 1 StPO aus sich heraus verständlich sein und die getroffenen Feststellungen in einer geschlossenen Darstellung enthalten müsse. Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen müssten vom Berufungsgericht stets neu getroffen werden. Bezugnahmen seien hierbei nicht zulässig. Diese würden auch nicht durch den Zusatz zulässig, die Kammer habe dieselben Feststellungen wie das Gericht erster Instanz getroffen. Da auch den Strafzumessungserwägungen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in zureichendem Umfang entnommen werden könnten, sei das Urteil für das Revisionsgericht nicht verlässlich überprüfbar und könne auf diesem Mangel beruhen.
II.
1. Die ausschließlich auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch Rechtsfehler ergeben. Infolge der - auch nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft - wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch sind die zum Schuldspruch getroffenen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts rechtskräftig geworden, wovon das Landgericht zutreffend ausgeht. Die Feststellungen des Amtsgerichts zur Tat sind klar und vollständig, weshalb sie eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bieten.
2. Auch die vom Landgericht vorgenommenen Bezugnahmen auf das Urteil des Amtsgerichts sind nicht zu beanstanden.
a. Die schriftlichen Urteilsgründe müssen nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO aus sich heraus verständlich, klar, geschlossen und erschöpfend sein (BGH NStZ-RR 2000, 304; NStZ-RR 1996, 109; BGHSt 33, 59; 30, 225). Deshalb sind Bezugnahmen auf Aktenteile (Anklageschrift, Eröffnungsbeschluss, Sitzungsprotokoll, schriftliche Gutachten etc.) und andere Urteile grundsätzlich unzulässig (vgl. Gollwitzer in: Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Auflage § 267 Rdn 9; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auflage § 267 Rdn 2). Durch dieses Erfordernis soll gewährleistet werden, dass der vom erkennenden Gericht aufgrund der Hauptverhandlung für erwiesen erachtete Tathergang und die erhobenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in einer geschlossenen Darstellung geschildert werden, um dem Revisionsgericht die Überprüfung des angefochtenen Urteils in rechtlicher Hinsicht verlässlich zu ermöglichen.
Auf Urteile, die in einer anderen Sache ergangen sind, darf nicht verwiesen werden, da das Gericht die tatsächlichen Feststellungen selbst zu treffen hat (BGH NStZ 1992, 49; BGHSt 33, 59).
Unzulässig sind nach ständiger Recht...