Leitsatz (amtlich)
1. Der positiven Feststellungsklage des Unternehmers es habe ein wichtiger Grund für die von ihm ausgesprochene Kündigung des Handelsvertretungsvertrages vorgelegen und der Schadensersatzklage des Handelsvertreters gem. § 89 a II HGB aufgrund einer der Kündigung des. Unternehmers nachfolgenden Kündigung des Handelsvertreters liegt „derselbe Anspruch” i.S.d. Art. 21 EuGVÜ zugrunde.
2. Gerichtsentscheidungen, die wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 21 I EuGVÜ nicht hätten ergehen dürfen, können im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.
Beteiligte
Präsidenten Armando Elisei |
Rechtsanwälte Gerhardt u. Koll. |
Firma Dipl.-Ing. H. Wagner GmbH |
Firma Dipl.-Ing. H. Wagner GmbH |
Geschäftsführer Fritz Schelkle und Jörg Wünsch |
Rechtsanwälte Kramer u. Koll. |
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 5 KfH O 117/99) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 19.6.2000 – 5 KfH O 117/99 – sowie das dem Urteil zu Grunde liegende Verfahren
aufgehoben
und der Rechtsstreit an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Berufung –
zurückverwiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Beschwer der Parteien und Streitwert des Berufungsverfahrens: 46.000,00 DM
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß § 89 a Abs. 2 HGB geltend.
Zwischen der Beklagten, einer Produzentin von Aluminiumdruckgussteilen mit Sitz in Ancona/Italien, und der Klägerin, einer Handelsvertreterin mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen, wurde vereinbart, dass der zwischen der Beklagten und der Firma Drawing-Parts Engineering S.A., CH Aubonne/Schweiz, am 22.7./20.8.1993 geschlossene Handelsvertretervertrag über die Alleinvertretung der Beklagten für den Bezirk Baden-Württemberg nach Auflösung der Firma Drawing-Parts Engineering S.A. zum 31.12.1994 zwischen den Parteien direkte Gültigkeit hat.
In diesem Handelsvertretungsvertrag in italienisch/deutscher Fassung sind u. a. folgende Regelungen enthalten:
9. Maßgebend für das Vertragsverhältnis ist im übrigen das am Sitz des Handelsvertreters geltende Recht.
10. Gerichtsstand für etwaige Rechtsstreitigkeiten ist der Sitz der Klägers.
Von Juli 1997 bis März 1998 kam es zwischen den Parteien zu mehrfachem Schriftwechsel und Gesprächen über die Beendigung oder Fortsetzung des Vertragsverhältnisses. Mit Fax vom 13.3.1998 kündigte die Beklagte das Handelsvertretungsverhältnis zum 31.3.1998 und bot der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 120.000,00 DM an. Die Beklagte widersprach einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, da diese Summe ihren Vorstellungen bei weitem nicht entsprach. Mit Schreiben vom 31.3.1998 bestand die Beklagte auf einer sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses. Nach weiterer Korrespondenz erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 22.4.1998 nun ihrerseits die fristlose Kündigung des Vertrages und forderte die Beklagte zur Abrechnung und Auszahlung noch geschuldeter Provisionen auf sowie zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 52.276,00 DM.
Am 15.7.1998 reichte die Beklagte beim Tribunale di Ancona/Italien Klage gegen die Klägerin ein (Anl. K 21).
Sie beantragte festzustellen,
Die Klage wurde der Klägerin zusammen mit der Terminsbestimmung auf 1.3.1999 zugestellt.
Am 16.9.1999 reichte die Klägerin beim Landgericht Stuttgart eine Klage gegen die Beklagte ein, mit der sie deren Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 49.573,22 DM nebst Zinsen erstrebt.
Die Klägerin hat vorgetragen,
die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung sei unwirksam, da es an einem wichtigen Grund hierfür mangele. Aufgrund dieser unberechtigten fristlosen Kündigung der Beklagten sei sie nun ihrerseits berechtigt gewesen, das Vertragsverhältnis durch fristlose Kündigung mit Wirkung zum 23.4.1998 zu beenden. Für die Zeit bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Vertrages zum 30.6.1998 schulde die Beklagte daher Schadensersatz, welcher sich in Höhe der durchschnittlichen monatlichen Provisionszahlungen abzüglich ersparter Aufwendungen darstelle.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 49.573,22 DM nebst 5 % Zinsen seit 24.7.1998 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat hierzu vorgetragen,
die Klage sei unzulässig, da derselbe Anspruch zuerst ...