Entscheidungsstichwort (Thema)
Frachtführerhaftung im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr: Qualifiziertes Verschulden bei weisungswidriger Nutzung eines unbewachten Parkplatzes zur Übernachtung und Diebstahl des Transportguts
Verfahrensgang
LG Rottweil (Entscheidung vom 20.11.2015; Aktenzeichen 5 O 10/15 KfH) |
Nachgehend
BGH (Beschluss vom 16.03.2017; Aktenzeichen I ZR 127/16) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 20.11.2015 - 5 O 10/2015 KfH - wird
zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 44.959,55 EUR
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus übergegangenem Recht Ersatz eines Transportschadens ihrer Versicherungsnehmerin Fa. ....
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Es seien insgesamt von der Ladung 113 Fernseher entwendet worden. Für den Verlust hafte die Beklagte in vollem Umfang, weil sie wegen Vorliegens eines qualifizierten Verschuldens sich nicht auf die Haftungsbeschränkungen aus dem Transportrecht berufen könne. Der (noch) zu ersetzende Schaden belaufe sich auf 44.595,55 EUR.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Es werde auch in der Berufungsinstanz in Frage gestellt, dass eine Weisung, Pausen nur auf bewachten Parkplätzen zu machen, Vertragsinhalt geworden sei. Es sei aus dem Vorprozess bekannt und in erster Instanz vorgetragen, dass bei der Beladung bereits Probleme aufgetreten seien, weil der Fahrer über sechs Stunden auf die Beladung habe warten müssen, obwohl er sich pünktlich angemeldet gehabt habe. Weil die Wartezeit als Arbeitszeit einzustufen sei, habe er bereits zwei Stunden später die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause einlegen müssen. Deshalb habe er den Rastplatz R... aufgesucht. Es habe sich um einen nachts hell erleuchteten Parkplatz gehandelt. Das Fahrzeug habe direkt gegenüber einer Beleuchtungsanlage gestanden. Im Fahrzeug seien der Fahrer und dessen Lebensgefährtin gewesen. Diese hätten sich um 22.30 Uhr schlafen gelegt. Bei einer Kontrolle um 5.10 Uhr habe der Fahrer feststellen können, dass die Plombe abgerissen sei und die Plane an mehreren Stellen aufgeschnitten worden war. Vorher sei nichts bemerkt worden.
Im Umkreis von 500 km habe es keinen bewachten Parkplatz gegeben. Deshalb habe ein solcher auch nicht aufgesucht werden können. Auf der benutzten Strecke gebe es keine bewachten Parkplätze. Dies sei allgemein bekannt und wüssten auch die Mitarbeiter der Fa. H... Die aufgesuchte Raststätte sei nicht als diebstahlsgefährdet bekannt gewesen. Von einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Anweisung könne überhaupt nicht ausgegangen werden. Weil die Weisung undurchführbar gewesen sei, habe auch nicht dagegen verstoßen werden können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 20.11.2015 - 15 O 10/15 KfH - abzuändern
und
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor,
der Fahrer habe bei der Beladung Kenntnis davon erlangt, dass es sich bei dem Ladegut um Fernseher handelte. Der Fahrer habe die Weisung gehabt, lediglich bewachte Parkplätze aufzusuchen. In dem Zeitraum vom 22.30 Uhr bis 05.10 Uhr morgens habe er in seinem Fahrzeug geschlafen ohne weitere Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Es werde weiterhin bestritten, dass es im Umkreis von 500 km keine bewachten Parkplätze gebe oder dass es der Beklagten unmöglich gewesen wäre, mit einer Spedition oder einem Wachunternehmen die Bewachung des Fahrzeugs zu vereinbaren. Das Landgericht habe richtigerweise ausgeführt, dass im Falle der Unmöglichkeit eines bewachten Abstellens die Weisung der Fa. H... habe einholen müssen. Es liege eindeutig ein qualifiziertes Verschulden vor.
Wegen der Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2016 verwiesen. Die Akten des Vorprozesses Landgericht Rottweil - 5 O 68/11 KfH -; OLG Stuttgart - 3 U 201/12 -; BGH - I ZR 127/13 - wurden beigezogen.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1. Die deutschen Gerichte sind nach Art. 31 Abs. 1 Satz 1 b) CMR international zuständig, da der vereinbarte Abladeort in A... liegt. Die CMR ist unzweifelhaft anwendbar, weil die Beklagte mit einem grenzüberschreitenden Lkw-Transport von Österreich nach Deutschland beauftragt worden ist.
2. Die Beklagte ist nach Art. 17 Abs. 1, 23 Abs. 1, 29 i.V.m. Art. 3 CMR verpflichtet, über den von der Fa. H... bezahlten Teilbetrag von 14.996,45 EUR hinaus der Klägerin aus übergegangenem Recht einen weiteren Schadensbetrag in Höhe ...