Leitsatz (amtlich)

Ist das Vorkaufsrecht an einem Grundstück mehreren Berechtigten eingeräumt, so kann es in der Regel auch von einem Berechtigten allein ausgeübt werden. Dies gilt insbesondere, wenn das Vorkaufsrecht als Gesamtberechtigung nach § 428 BGB eingeräumt ist.

 

Normenkette

BGB §§ 428, 472

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 27.06.2008; Aktenzeichen 12 O 482/07)

 

Tenor

Die Berufung der Streithelferin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 27.6.2008 (12 O 482/07) wird zurückgewiesen.

Die Streithelferin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Streithelferin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert in beiden Instanzen: 950.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Ausübung eines Vorkaufsrechts.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks W. Straße 12 in S.-B. C.. Zugunsten des Beklagten und seines Vaters ist im Grundbuch ein im Jahr 1978 eingeräumtes Vorkaufsrecht eingetragen, das den Berechtigten "als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB" zusteht. Der Vater des Beklagten trat bei der Bestellung des Vorkaufsrechts als Generalbevollmächtigter des Beklagten auf. Die Kläger verkauften das Grundstück am 15.9.2006 mit notariellem Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von 1,9 Mio. EUR an die Streithelferin. Auf der Verkäuferseite wurde der Kaufvertrag durch die Generalbevollmächtigte Krauß abgeschlossen. Durch Schreiben des Notars vom 4.10.2006 wurde der Abschluss des Kaufvertrages den Vorkaufsberechtigten mitgeteilt. Der Zeitpunkt des Zugangs der Schreiben ist streitig. Dem Vater des Beklagten ging das Schreiben am 6.10.2006 oder 7.10.2006 zu. Der Beklagte erhielt das Schreiben am 9.10.2006 oder 7.11.2006. Mit Schreiben vom 6.12.2006 erklärte der Beklagte die Ausübung seines Vorkaufsrechts. Eine Kopie des Schreibens ging der Zeugin K. am 6.12.2006 zu. Außerdem wurde ihr am 7.12.2006 eine schriftliche Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts des Zeugen R. übergeben, der die Kopie einer Vollmacht und erneut eine Kopie des Schreibens vom 6.12.2006 beigefügt war.

Die Kläger und die Streithelferin haben in erster Instanz beantragt, festzustellen, dass die Kläger nicht verpflichtet sind, das Eigentum an dem Grundstück Gemarkung B. C., Flurstück 1., W. Straße 12, Hof- und Gebäudefläche, Auskragung; Überdachung, Unterkellerung, Teil auf Flurstück 1., Teil auf Flurstück 1., 12a 81 m2 - eingetragen im Grundbuch von S.-B. C., Heft M 77, Abt. I Nr. 7 -auf den Beklagten zu übertragen. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe sein Vorkaufsrecht rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten ausgeübt. Er sei zur alleinigen Ausübung des Vorkaufsrechts, die formfrei möglich sei, berechtigt gewesen.

Gegen das landgerichtliche Urteil hat nur die Streithelferin Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts beginne entgegen der Auffassung des LG mit der Mitteilung beim Einzelnen Vorkaufsberechtigten, nicht mit der Mitteilung beim letzten Berechtigten. Das Vorkaufsrecht des Vaters des Beklagten sei durch die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten nicht zum Erlöschen gebracht worden. Es handele sich um ein gemeinschaftliches Vorkaufsrecht, das nur im Ganzen ausgeübt werden könne, nicht um mehrere Vorkaufsrechte. Zwar könne ein gemeinschaftlich Berechtigter sein Recht allein ausüben, wenn das Recht des anderen Berechtigten erloschen ist oder dieser sein Recht nicht ausübt. Diese vom Gesetz vorgesehenen Tatbestände seien aber nicht erfüllt, weil der Beklagte sein Vorkaufsrecht allein und ausschließlich für sich ausgeübt habe, als auch seinem Vater das Vorkaufsrecht formal noch zugestanden habe. Die Regelung in § 428 BGB sei nicht einschlägig, weil sie nur dem Schuldner das Recht gebe, an einen der Gesamtgläubiger zu erfüllen, aber nicht die Rechtsbeziehungen der Gesamtgläubiger regele. Auch insoweit leide die Ausübung des Vorkaufsrechts an einem Rechtsmangel, nachdem der Beklagte sein alleiniges Recht nicht aufschiebend bedingt durch das Erlöschen des Rechts seines Vaters ausgeübt habe. Zwar könne das Vorkaufsrecht formlos ausgeübt werden, die Fotokopie einer Erklärung ohne eigenhändige Unterschrift genüge aber nicht.

Die Streithelferin beantragt:

Das Urteil des LG Stuttgart vom 27.6.2008 - 12 O 482/07, wird abgeändert und der Klage stattgegeben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines Vorbringens.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das landgerichtliche Urteil sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Feststellungsantrag der Kläger ist unbegründet, weil der Beklagte sein Vorkaufsrecht wirks...

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