Verfahrensgang
LG Ellwangen (Aktenzeichen 3 O 510/01) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Ellwangen vom 26.7.2002 – 3 O 510/01 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 262.599,51 Euro
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung des ungekündigten Fortbestandes seines Anstellungsverhältnisses bei der Beklagten sowie seiner Organstellung als stellvertretendes Vorstandsmitglied. Einen weiteren Feststellungsantrag, der die Dienstwagennutzung durch den Kläger betraf, haben die Parteien nach Abschluss eines Teilvergleichs übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des LG ist die zulässige Klage unbegründet, da die ordentliche Kündigung des Klägers durch die Beklagte zum 31.12.2001 wirksam sei. Ihr stehe weder eine unzureichende Einladung zur Aufsichtsratssitzung noch die funktionelle Unzuständigkeit des handelnden Organs der Beklagten entgegen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des LG verwiesen.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 1.8.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.8.2002 Berufung eingelegt und diese am gleichen Tag begründet.
Der Kläger, der – abgesehen vom Klagantrag Ziff. 3 – sein Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt, macht mit seiner Berufung im Wesentlichen geltend: Das LG gehe fälschlicherweise davon aus, dass der von ihm festgestellte Einladungsmangel durch den unterlassenen Widerspruch geheilt worden sei. Es übersehe, dass die Voraussetzungen für die Heilung des Einladungsmangels nicht gegeben seien. Da in der die Kündigung beschließenden Aufsichtsratssitzung nicht alle Aufsichtsratsmitglieder anwesend gewesen seien, habe keine Heilung erfolgen können. Zwar werde teilweise von einer Vollversammlung ausgegangen, wenn auf die Teilnahme seitens eines Organmitglieds verzichtet werde. Wegen der Vieldeutigkeit der Nichtteilnahme könne darin aber nur unter ganz bestimmten Umständen ein Rügeverzicht im Hinblick auf Ladungsmängel gesehen werden; solche besonderen Umstände seien aber weder vorgetragen noch festgestellt worden.
Der Aufsichtsrat sei nicht befugt gewesen, das nach zwingenden genossenschaftsrechtlichen Bestimmungen ausschließlich der General-/Vertreterversammlung übertragene ordentliche Kündigungsrecht auszuüben. Auch der zur Bestellung von Vorstandsmitgliedern berufene Aufsichtsrat einer Genossenschaft sei nicht befugt, ein Anstellungsverhältnis von Vorstandsmitgliedern unter Einhaltung vertraglicher oder gesetzlicher Fristen zu kündigen, wenn damit einer laufenden Vorstandsbestellung die Grundlage entzogen werde, etwa weil die Vorstandsbestellung nicht zeitlich auf den Kündigungszeitpunkt befristet sei oder weil die General-/Vertreterversammlung einen Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied nicht beschlossen habe.
Das Urteil des LG setze sich nicht mit der einhelligen Rspr. und Literaturansicht auseinander, dass eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zwingend nur von der General- bzw. Vertreterversammlung ausgesprochen werden könne, selbst wenn der Aufsichtsrat nach der Satzung für die Be- und Anstellung des Vorstandsmitgliedes zuständig sei. Zwar gehe die wohl herrschende Meinung in der Literatur wie das Gericht erster Instanz davon aus, dass mit der satzungsmäßigen Übertragung der Be- und Anstellung von Vorstandsmitgliedern auf den Aufsichtsrat zugleich die Befugnis übertragen sei, das Dienstverhältnis fristgerecht zu kündigen, dem Aufsichtsrat damit die sog. Annexkompetenz übertragen sei. Demgegenüber sei davon auszugehen, dass etwa Baums und Prof. Dr. Goette, Richter am II. Zivilsenat des BGH, die ordentliche Kündigungsmöglichkeit durch den Aufsichtsrat ablehnten. Der BGH und die oberinstanzliche Rspr. hätten über die vorliegende Rechtsfrage bislang noch nicht zu entscheiden gehabt. Der Auffassung von Baums und Goette sei zu folgen. Schon der Wortlaut und die Systematik des Genossenschaftsgesetzes erweckten erhebliche Bedenken, ob die General-/Vertreterversammlung überhaupt durch Satzungsbestimmung dem Aufsichtsrat die Kündigung von Anstellungsverträgen der Vorstandsmitglieder übertragen könne. § 18 S. 2 GenG lasse vom Gesetz abweichende Satzungsbestimmungen nur dann zu, wenn dies vom Genossenschaftsgesetz ausdrücklich zugelassen sei. § 24 Abs. 2 S. 2 GenG enthalte eine solche ausdrückliche Gestattung. Von einem Widerruf der Bestellung sei im Abs. 2 jedoch nicht di...