Wohnungsgenossenschaften sollen rechtlich gestärkt werden

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für (Wohnungs-)Genossenschaften sollen modernisiert werden - auch der Schutz gegen Missbrauch soll verbessert werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesjustizministerium nun veröffentlicht hat.

Das Bundesjustizministerium hat am 5.7.2024 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform vorgelegt. Geändert werden soll das Genossenschaftsgesetz (GenG). Im Fokus stehen unter anderem die Förderung der Digitalisierung und Maßnahmen gegen die missbräuchliche Verwendung von Genossenschaften.

Schutz von Wohnungsgenossenschaften: Gesetz überfällig?

Immer wieder treten Kapitalsammelstellen als Wohnungsgenossenschaften am Markt auf, die unrealistische Renditen versprechen, ohne dem Förderzweck – bezahlbaren Wohnraum zu bieten – nachzukommen. Unter Verweis auf die Skandalfälle Eventus, Grundwerte und Genogen mit Millionenbetrügereien, veröffentlichte der Bundesrat im Mai 2022 einen Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Genossenschaften (Stand 27.4.2022), dessen wortgleiche Vorlage zum Ende der 19. Wahlperiode (2017 bis 2021) von der alten Bundesregierung für erledigt erklärt worden war.

Der Bundesrat wollte im Genossenschaftsgesetz außerdem eine Legaldefinition der unzulässigen Form der Kapitalanlage-Genossenschaft aufnehmen, die auch Verbrauchern klar signalisiert, welche Förderzwecke nicht dem Genossenschaftsgedanken entsprechen. Die Prüfungsverbände sollen verpflichtet werden, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die Aufsichtsbehörde unverzüglich über mögliche Verstöße von Genossenschaften gegen das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) oder gegen das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) zu informieren.

Ampel-Koalition will Genossenschaftsrecht punktuell ändern

In einer Stellungnahme der Ampel-Koalition zu der Vorlage 2022 hieß es, dass bereits im Jahr 2017 "durch das Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften" (Genossenschaftsnovelle) eine Regelung in Kraft getreten sei, "um die Geschäftsmodelle unseriöser Kapitalanlage-Genossenschaften zu verhindern beziehungsweise zu erschweren". Zusätzlich gelte seit 2020 die Fünfte Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen und es sei das Körperschaftsteuergesetz im Rahmen des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen geändert worden – beides reguliere den grauen Kapitalmarkt.

Der Gesetzgebungsbedarf sei daher "weitgehend ausgeschöpft", so die Bundesregierung vor zwei Jahren. Die Ampel kündigte jedoch gleichzeitige punktuelle Änderungen des Genossenschaftsgesetzes und Klarstellungen in Bezug auf unzulässige Kapitalanlage-Genossenschaften an. Und dabei werde man die Vorschläge des Bundesrats berücksichtigen.

GdW-Kritik an Plänen zu Schwellenwerten für Jahresabschlussprüfung

"Als genossenschaftlicher Spitzenverband ist es uns ein großes Anliegen, die Rechtsform Genossenschaft zu modernisieren und sie zugleich vor Missbräuchen zu schützen", kommentierte Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, die aktuellen Pläne. "Der vorgelegte Referentenentwurf schlägt insoweit die richtige Richtung ein."

Laut GdW ist es insbesondere nicht mehr zeitgemäß, immer und zwingend die Schriftform vorzuschreiben. Die Vorschläge zur Anhebung der Schwellenwerte in Bezug auf die Jahresabschlussprüfung hält der Verband hingegen für höchst bedenklich. "Eine damit verbundene weitere Aufweichung des genossenschaftlichen Prüfungssystems würde die begrüßenswerten Bestrebungen zum Schutz der Rechtsform konterkarieren und kann zu einem erheblichen Reputationsschaden für die Rechtsform Genossenschaft führen", sagte Esser abschließend.

Referentenentwurf: Gemeinwohlorientierte Wirtschaft stützen

Dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientiertes Wirtschaften verbessert werden sollen, sieht bereits der Koalitionsvertrag von der Bundesregierung vor. Wörtlich heißt es da:

"Zu einer modernen Unternehmenskultur gehören auch neue Formen wie Sozialunternehmen, oder Gesellschaften mit gebundenem Vermögen. Wir erarbeiten eine nationale Strategie für Sozialunternehmen, um gemeinwohlorientierte Unternehmen und soziale Innovationen stärker zu unterstützen. Wir verbessern die rechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientiertes Wirtschaften, wie zum Beispiel für Genossenschaften, Sozialunternehmen, Integrationsunternehmen."

Maßnahmen aus dem BMJ-Referentenentwurf im Kurzüberblick:

  • Zur Förderung der Digitalisierung bei Genossenschaften sollen Schriftformerfordernisse so weit wie möglich zugunsten der Textform abgeschafft werden. Die Schriftform soll nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme sein. Digitale Sitzungen und Beschlussfassungen sowie die digitale Informationsversorgung der Genossenschaftsmitglieder erleichtert werden.
  • Zur Beschleunigung der Gründung einer Genossenschaft soll eine Datenbank über die zu beteiligenden genossenschaftlichen Prüfungsverbände geschaffen, die Förderungszweckprüfung durch das Registergericht beschleunigt und eine Regelfrist für Eintragungen in das Genossenschaftsregister vorgesehen werden.
  • Bei den Maßnahmen gegen unseriöse Genossenschaften sollen die Vorschläge des Bundesrats (zum Beispiel die Klarstellung, dass die bloße Kapitalanlage kein zulässiger Förderzweck ist, berücksichtigt und um weitere Vorschläge ergänzt werden,
    insbesondere eine Ausweitung der Rechte und Pflichten des Prüfungsverbandes.

Der Gesetzentwurf wurde an die Länder und Verbände versandt und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 23. August 2024 Stellung zu nehmen.

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform (Referentenentwurf)

Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Genossenschaften (Beschlussdrucksache Bundesrat)


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Schlagworte zum Thema:  Gesetz, Gesetzgebung, Wohnungsgenossenschaft