Verfahrensgang

LG Stuttgart (Entscheidung vom 17.10.2014; Aktenzeichen 12 O 262/14)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 17.10.2014 wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits unter Einschluss der Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 64.670,64 EUR

 

Gründe

Zur Ablösung eines Kredits, den die Kläger 1993 zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie mit 12 Mieteinheiten aufgenommen hatten, schlossen die Kläger mit der Beklagten im Frühjahr 2004 drei Darlehensverträge über Kreditbeträge in Höhe von insgesamt 997.000,00 EUR. Die Darlehen waren jeweils durch Grundschulden gesichert. Im Jahr 2012 wandten sich die Kläger an die Beklagte, da sie die Immobilie veräußern wollten. Die Beklagte bot den Klägern mit Schreiben vom 13.4.2012 die Aufhebung der Kreditverträge gegen Zahlung eines Aufhebungsentgelts an. Die Kläger nahmen dieses Angebot an und zahlten an die Beklagte als Entgelt 64.670,64 EUR. Vertreten durch ihren Rechtsanwalt erklärten die Kläger am 9.10.2013 den Widerruf ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

Mit ihrer Klage verlangen sie aufgrund des Widerrufs die Erstattung des Aufhebungsentgelts sowie Wertersatz für daraus gezogene Nutzungen. Sie machen geltend, der Widerruf sei im Jahr 2013 noch möglich gewesen, da sie bei Abschluss der Verträge nicht ordnungsgemäß belehrt worden seien.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe sich jeweils um Verbraucherdarlehen gehandelt, weil die Kredite der privaten Vermögensverwaltung der Kläger gedient hätten. Angesichts der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrungen sei der Widerruf nicht verspätet erklärt worden. Der Umstand, dass die Parteien die Darlehensverträge einvernehmlich beendet hätten, stehe dem Widerruf nicht entgegen. Die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht auch nicht verwirkt. Neben der Erstattung des Aufhebungsentgeltes schulde die Beklagte deshalb die Herausgabe gezogener Nutzungen im Wert einer Verzinsung mit dem üblichen Verzugszins in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Zur Begründung bringt sie vor, das Landgericht habe die Kläger zu Unrecht als Verbraucher eingestuft. Selbst wenn es sich um Verbraucherdarlehen handeln würde, wäre die Belehrung nicht zu beanstanden; jedenfalls greife die Schutzwirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ein. Unabhängig davon sei gegenüber dem Widerruf der Einwand des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung begründet. Im Übrigen stünden den Klägern Nutzungen nur in geringerem Umfang zu, als vom Landgericht zuerkannt.

Der Senat hat über die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 13. Oktober 2015 entschieden und hat dieser nur insoweit stattgegeben, als das Landgericht den Nutzungsersatz zu hoch festgesetzt habe. Der Widerruf sei wirksam erklärt, insbesondere sei der Einwand der Verwirkung nicht begründet, weil das erforderliche Umstandsmoment angesichts der fehlenden Kenntnis der Kläger von ihrem Widerrufsrecht nicht gegeben sei. Zwar komme eine Verwirkung auch ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Berechtigten in Betracht, wenn der Verpflichtete aus dem Verhalten des Berechtigten habe schließen dürfen, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wolle. Das sei hier aber nicht der Fall, weil der Unternehmer, der gegen seine Pflicht verstoßen habe, dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen, erkennen müsse, dass dem Verbraucher nach dem Gesetz ein zeitlich nicht befristetes Widerrufsrecht zustehe, und er dürfe allein aus dem Umstand, dass der Darlehensvertrag über lange Zeit erfüllt worden sei, nicht schließen, der Verbraucher werde sein Widerrufsrecht nicht ausüben. Die getroffene Aufhebungsvereinbarung ändere daran nichts, weil das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach dem Gesetz trotz der Vertragsbeendigung erhalten bleiben solle. Unabhängig davon sei der Einwand der Verwirkung nur berechtigt, wenn sich der Schuldner im Vertrauen, der Gläubiger werde sein Recht nicht verfolgen, so eingerichtet habe, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstanden sei. Dazu habe die Beklagte nichts vorgetragen.

Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Urteil vom 13. Oktober 2015 unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Kläger im Kostenpunkt und insoweit aufg...

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