Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der deliktischen Produkthaftung, insbesondere der Instruktionspflicht.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 16.01.2015; Aktenzeichen 27 O 505/13) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 16.1.2015 - 27 O 505/13 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.196,29 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.696,29 EUR seit dem 15.6.2013 sowie aus 500,- EUR seit dem 26.1.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber Herrn Rechtsanwalt ... bezüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 338,50 EUR netto freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Kläger trägt 43 %, der Beklagte 57 % der Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das erstinstanzliche Urteil sowie das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.386,29 EUR
Gründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig und teilweise begründet.
A. Der Kläger macht gegen den Beklagten Ansprüche aus Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz sowie gem. § 823 Abs. 1 BGB geltend, da der Beklagte seine Instruktionspflicht beim Verkauf eines Bodylifts für das Fahrzeug des Klägers im Jahr 2006 verletzt habe.
Durch Urteil der Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 16.1.2015 wurde die Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils wird Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Allerdings wird die Klage im Berufungsverfahren ausdrücklich ausschließlich auf eine deliktische Produkthaftung gestützt. Insoweit wiederholt und vertieft er im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Der Beklagte habe seine Instruktionspflicht schuldhaft verletzt, da er vor Inverkehrbringen des Bodylifts nicht überprüft habe, ob bei den verschiedenen Fahrzeugmodellen, für die der Bodylift zugelassen ist, es ausgeschlossen werden kann, dass die Lenksäule nach dem Einbau des Bodylifts aufgrund einer Reibung zwischen Lenksäule und Crash-Bügel breche. Hätte der Beklagte entsprechende Untersuchungen durchgeführt, hätte er festgestellt, dass je nach Höheneinstellung der Lenksäule diese Gefahr bestehe. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, auf diese Gefahr in seiner Einbauanleitung hinzuweisen, was - insoweit unstreitig - vor dem Bruch der Lenksäule im Januar 2011 nicht erfolgt sei. Der Beklagte könne ihm nicht entgegenhalten, dass er es pflichtwidrig unterlassen habe, das Fahrzeug nach dem Einbau des Bodylifts dem TÜV vorzuführen, da sich diese Pflichtverletzung nicht ausgewirkt habe. Vielmehr hätte der TÜV bei einer Untersuchung des Fahrzeugs nicht festgestellt, dass die Längssäule am Crash-Bügel des streitgegenständlichen Fahrzeugs reibe und somit die Gefahr bestehe, dass die Lenksäule breche.
Der Kläger beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.386,29 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.3.2012 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber Herrn Rechtsanwalt ... bezüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 844,- EUR netto freizustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil
B. Die Berufung des Klägers ist zulässig und teilweise begründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 4.196,29 EUR gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Soweit der Kläger einen höheren Schadensersatzanspruch geltend macht, war dagegen die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger hat schuldhaft gegen seine Instruktionspflicht verstoßen, weil er den Kläger bei Erwerb des Bodylifts nicht darauf hingewiesen hatte, dass zwischen der Lenksäule und dem Crash-Bügel ein Abstand verbleiben muss, da die Gefahr des Bruchs der Lenksäule besteht, wenn diese an dem Crash-Bügel streift (Ziff. I.1). Diese schuldhafte Pflichtverletzung war kausal für den Schadenseintritt (Ziff. I. 2). Hierdurch ist dem Kläger ein Schaden i.H.v. 4.196,29 EUR entstanden. Einen höheren Schaden, insbesondere die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung, hat der Kläger bereits nicht substantiiert dargelegt (Ziff. I. 3). Ein Mitverschulden gem. § 254 Abs. 1, Abs. 2 BGB ist dem Kläger nicht anzulasten (Ziff. I. 4). Verjährung ist nicht eingetreten (Ziff. I. 5).
Zudem steht dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 338,50 EUR gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Soweit der Kläger die Freistellung von höheren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt, ist der Anspruch dagegen nicht begründet (Ziff. II.). Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 ...