Leitsatz (amtlich)
1. Fehlt in einer Verbraucherinformation eine konkrete Mitteilung dazu, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte und Leistungen garantiert werden, enthält diese nicht die nach Anlage D Abschnitt I Nr. 2 lit. d zu § 10a VAG a.F. erforderlichen Angaben und ist deshalb unvollständig, nicht nur intransparent.
2. Nicht verbrauchte, kalkulierte Verwaltungskosten stehen dem Versicherer nur insoweit zur Nutzungsziehung zur Verfügung, als diese auch tatsächlich dem Eigenkapital zugeflossen sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 21.12.2017 - 7 U 80/17).
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 24.04.2018; Aktenzeichen 3 O 9/18) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24.04.2018, Az. 3 O 9/18, abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.097,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.11.2015 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis zu 9.000,00 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückerstattung bezahlter Prämien sowie die Herausgabe gezogener Nutzungen im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages nach erklärtem Widerspruch gemäß § 5 a VVG a.F.
Für die Klägerin bestand seit dem 01.08.2000 bei der Beklagten eine Rentenversicherung (Versicherungsschein in Anl. K 1).
Der Klägerin wurden von der Beklagten mit Policenbegleitschreiben vom 21.07.2000 (Reproduktion in Anl. K 2) der Versicherungsschein nebst Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation (Anl. BLD 4) übersandt.
Das einseitige Policenbegleitschreiben vom 21.07.2000 enthält etwas unterhalb der Mitte in einem eigenen Absatz folgende, in Kursivdruck gehaltene Widerspruchsbelehrung (vgl. Muster in Anl. BLD 3):
"Dieser Vertrag gilt als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen schriftlich widersprechen. Um diese Frist einzuhalten, genügt es, Ihren Widerspruch rechtzeitig abzusenden."
Mit Datum vom 23.06.2008 (Anl. K 3) erklärte die Klägerin die Kündigung des Vertrages. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 26.06.2008 (Anl. K 4) die Kündigung zum 01.08.2008 und brachte, ausgehend von einen Rückkaufswert in Höhe von 3.583,93 EUR, nach Abzug der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlages einen Betrag in Höhe von 3.427,91 EUR zur Auszahlung.
Mit Schreiben vom 23.10.2015 (Anl. K 5) erklärte die Klägerin den Widerspruch, den die Beklagte mit Schreiben vom 02.11.2015 (Anlage K 6) zurückwies.
Die Klägerin, die erstinstanzlich wie im Berufungsverfahren beantragt hat, hat die Auffassung vertreten, wegen der formalen und inhaltlichen Mängel der Widerspruchsbelehrung sowie der Unvollständigkeit der Verbraucherinformation sei die Widerspruchsfrist gem. § 5 a VVG a. F. nicht in Gang gesetzt worden. Die Widerspruchsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht hinreichend drucktechnisch hervorgehoben und auch inhaltlich nicht ausreichend. Weiter hat sie die Verbraucherinformation für unvollständig gehalten, unter anderem, weil Angaben über den zu zahlenden Gesamtbetrag sowie Nebengebühren und -kosten in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen fehlten und auch keine Antragsbindungsfrist genannt werde. Ihr stehe deswegen ein Betrag in Höhe von 10.530,80 EUR zu.
Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu. Die Klägerin sei im Policenbegleitschreiben ordnungsgemäß über das ihr zustehende Widerspruchsrecht belehrt worden, die Verbraucherinformation sei vollständig.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des dortigen Urteils sowie auf die in erster Instanz eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.04.2018 (Bl. 94 bis 100) abgewiesen und in den Entscheidungsg...