Entscheidungsstichwort (Thema)
Urheberrechtsschutz für qualifizierten Mietspiegel
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 12.01.2010; Aktenzeichen 17 O 387/09) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 12.1.2010 (17 O 387/09) wird verworfen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert in beiden Instanzen: bis 600 EUR
Gründe
I. Der Kläger, ein auch in mietrechtlichen Fragen beratender Rechtsanwalt in H., Vermieter von elf dort belegenen Wohnungen und ehrenamtlich für den Verein Haus und Grund in H. tätig, streitet mit der beklagten Stadt H. (i.F.: Beklagte) über das Bestehen urheberrechtlichen Schutzes für den von dieser in Form einer Broschüre herausgegebenen qualifizierten Mietspiegel. Die Beklagte gibt die 20-seitige Broschüre gegen eine Schutzgebühr von 6,50 EUR ab, wozu ggf. noch 2 EUR Versandkosten kommen.
1. Für die Einzelheiten des Sachverhalts und das Vorbringen in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
2. Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Feststellungsklage sei zwar zulässig. Ein Interesse des Klägers an der Feststellung, dass er durch das Kopieren des qualifizierten Mietspiegels keinen urheberrechtlichen Ansprüchen der Beklagten ausgesetzt sei, bestehe, nachdem die Beklagte sich ihm gegenüber auf den urheberrechtlichen Schutz ihres Mietspiegels berufen habe. Die begehrte Feststellung beziehe sich somit auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und diene nicht der Klärung einer abstrakten Rechtsfrage.
Die Klage sei jedoch unbegründet, weil sich die Beklagte zurecht auf einen urheberrechtlichen Schutz des von ihr herausgegebenen qualifizierten Mietspiegels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 7, Abs. 2 UrhG berufe und dieser nicht nach § 5 UrhG gemeinfrei sei.
Bezugsobjekt des klägerischen Antrags sei dabei die komplette von der Beklagten herausgegebene Broschüre mit dem Titel "Mietspiegel für die Stadt H.", wie sich aus dem übereinstimmenden Parteivortrag in der mündlichen Verhandlung ergebe, und nicht etwa nur der qualifizierte Teil (S. 2 bis 5 der Broschüre) oder lediglich die Mietspiegeltabelle (S. 5 der Broschüre). Der Kläger habe auch deutlich gemacht, dass es ihm nicht lediglich auf eine auszugsweise Vervielfältigung der Broschüre ankomme, er vielmehr freien Zugriff auf die gesamte Broschüre beanspruche.
Dabei sei zu berücksichtigen, dass jedenfalls im vorliegenden Fall angesichts der Gestaltung der Broschüre eine auszugsweise Versendung des Mietspiegels die volle Prüfung eines Mieterhöhungsverlangens nicht erlaube, da die Angaben des in der Mietspiegeltabelle (S. 5) abgebildeten qualifizierten Mietspiegels im engeren Sinne allein betrachtet nicht zu einer wohnungsspezifischen Ermittlung der Vergleichsmiete geeignet seien.
Dieses Verständnis decke sich mit der Rechtsverteidigung der Beklagten, welche Urheberschutz für die Broschüre als Ganzes bejahe und sich darauf berufe, eine eigenschöpferische Leistung ergebe sich insbesondere aus der Einleitung, der Art und Weise der Darstellung, den angegebenen Beispielsfällen und -rechnungen sowie insbesondere den in den Mietspiegel aufgenommenen Tabellen.
Der streitgegenständliche Mietspiegel stelle ein urheberrechtlich geschütztes Werk dar.
Auch wenn wesentliche Teile des Mietspiegels wegen seiner gesetzlichen Funktion vorgegeben seien und das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Jahr 2002 "Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln" als unverbindliche Hilfestellung für die Gemeinden herausgegeben habe, erreiche der streitgegenständliche Mietspiegel bei Anwendung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für Texte sowie für Tabellen und Zeichnungen als Darstellungen technischer Art i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG entwickelten Maßstäbe die erforderliche Schöpfungshöhe, um als Werk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 7; Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt zu sein.
Ob ein Mietspiegel urheberschutzfähig sei, könne dabei nur im Wege einer Einzelfallbetrachtung der schöpferischen Leistung und der Gestaltungshöhe für den jeweiligen Mietspiegel entschieden werden.
Der streitgegenständliche Mietspiegel enthalte sowohl in seinem Textteil als auch in seinen Tabellen keine bloße Auflistung technischer Vorgaben und auch keine reine Wiedergabe der zur Erstellung erhobenen Daten. Vielmehr erläutere die Broschüre den konkreten Mietspiegel in seinem rechtlichen und sozialen Zusammenhang. Die Gestaltung der Broschüre sei keineswegs durch die Natur der Sache vorgezeichnet, sondern sei nach ihrer Aufmachung getragen vom Wunsch nach Bürgernähe. Sie lasse in der daraus resultierenden Darstellungsweise eine hinreichende s...