Verfahrensgang
LG Hechingen (Urteil vom 27.11.2017; Aktenzeichen 5 O 10/11 KfH) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 27.11.2017, Az. 5 O 10/11 KfH, werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin 70 %, die Beklagte 30%.
3. Dieses Urteil und das mit der Berufung angegriffene Urteil des Landgerichts Hechingen vom 27.11.2017, Az.: 5 O 10/11 Kfh sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin wegen der Kosten und der Bürgschaftsherausgabe abwenden durch Sicherheitsleistung i.H. von 200.000,00 EUR, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 449.900,00 EUR festgesetzt (Berufung: 319.900,00 EUR; Anschlussberufung: 130.000,00 EUR) gem. § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG.
Der Streitwert für die erste Instanz wird gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen dahingehend abgeändert, dass er bis zur Klageerhöhung mit Schriftsatz vom 12.11.2012 285.000,00 EUR, danach 449.900,00 EUR beträgt.
Die Werte für Zahlungs- und Herausgabeantrag waren in beiden Instanzen zu addieren, da die Vertragserfüllungsbürgschaft andere Ansprüche abdeckt als den mit dem Zahlungsantrag geltend gemachten Werklohn - und Schadensersatzanspruch der Klägerin, so dass nicht derselbe Gegenstand betroffen ist. Für den Wert des Herausgabeverlangens war gem. § 3 ZPO der Wert der behaupteten gesicherten Forderungen bis zur Höhe des Bürgschaftsbetrages heranzuziehen, mithin 130.000,00 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt Werklohn aufgrund eines von der Beklagten gekündigten Bauvertrages sowie Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde.
Zwischen den Parteien bestand der am 05.08.2008 abgeschlossene Generalunternehmervertrag über das Neubauprojekt "XX in S." (K 1). Der Vertrag sah einen Pauschalwerklohn in Höhe von 2.184.873,90 EUR netto für die schlüsselfertige Errichtung des Gebäudes vor. Als (Komplett-) Fertigstellungstermin war vertraglich der 31.8.2008 vorgesehen. Mit Schreiben vom 1.10.2009 (B 4 = K 6) erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund. Mit weiterem Schreiben vom 6.10.2008 (K 8) wurde außerdem die ordentliche Kündigung des Bauvertrags erklärt. Zu diesem Zeitpunkt war einzig der Rohbau weitgehend fertiggestellt. Im Bauablauf war es zu Verzögerungen gekommen, deren Ursachen zwischen den Parteien streitig sind.
Am 09.11.2009 stellte die Klägerin Insolvenzantrag. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 03.02.2010 mangels Masse abgelehnt (Az.: 10 IN 1269/09).
Am 18.02.2010 stellte die Klägerin Schlussrechnung (K 11). Abzüglich unstreitig erbrachter Zahlungen in Höhe von 1.008.105,64 EUR ergibt sich daraus ein Restwerklohnanspruch in Höhe von 668.545,75 EUR. Zur Darlegung und Berechnung des beanspruchten Werklohns hat die Klägerin außerdem eine Rechnung vom 14.2.2011 (Rechnungsnummer ..., überschrieben mit: "Wert der erbrachten Bauleistungen bis zum Zeitpunkt der Kündigung des Generalunternehmervertrages vom 5.8.2008" (K 12)) vorgelegt, die inhaltlich hinsichtlich Einzelpositionen und Endsumme von der Schlussrechnung vom 18.2.2010 abweicht und einen offenen Werklohn von 646.580,43 EUR ausweist. Das Klagebegehren wird auf die Berechnung vom 14.2.2011 (K 12) gestützt (Bl. 12 d.A.). Im Wege der Teilklage verlangt die Klägerin hieraus 319.990,00 EUR - Klageantrag Ziff. 1 -, außerdem begehrt sie die Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft über 130.000,00 EUR - Klageantrag Ziff. 2 -.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von Werklohn abgewiesen und dem Antrag auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft der XY Versicherung stattgegeben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei trotz vorangegangener Insolvenz weiterhin parteifähig. Die Klägerin könne die Bürgschaftsurkunde bei der Beklagten herausverlangen, da der vertraglich vereinbarte Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Vertragserfüllungsbürgschaft nicht mehr bestehe. Sicherbare Ansprüche bestünden nicht mehr, insbesondere keine Schadensersatzansprüche, da die Beklagte keine Baumängel einwende, sondern es sich insoweit lediglich um kündigungsbedingte Unfertigkeiten des Bauwerks handele, die bereits bei der errechneten Vergütung mindernd eingeflossen seien. Die Beklagte verlange von der Klägerin keine Bauausführung mehr, vielmehr sei 8 Jahre nach er...