Leitsatz (amtlich)
1. Ein Mitverschulden des Auftraggebers an einem Werkmangel wegen eines ihm zuzurechnenden Planungsfehlers ist bei der Geltendmachung eines Vorschusses auf die Selbstvornahmekosten zu berücksichtigen und führt zu dessen Kürzung.
2. Der planende Architekt muss im Rahmen seines Planungsauftrags - jedenfalls ohne abweichende vertragliche Vereinbarung - dem Auftraggeber bzw. dem ausführenden Handwerker konkret mitteilen, ob und ggf. welche beispielhafte Detailzeichnungen oder andere Vorgaben aus einer Richtline unverändert übernommen werden können oder welche Änderungen erforderlich sind.
3. Hat der Unternehmer nach seinem eigenen Vortrag einen Planungsmangel erkannt und kann er seine Behauptung, er habe Bedenken angemeldet, nicht beweisen, kann er sich nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn auf ein mitwirkendes Verschulden des Architekten als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn nicht berufen.
Normenkette
BGB § 637 Abs. 1, §§ 254, 278; VOB/B § 13 Abs. 5 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 15.08.2012; Aktenzeichen 17 O 927/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Streithelfers wird das Urteil des LG Stuttgart vom 15.8.2013 - 17 O 927/12, abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 42.380 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10. Von den Kosten der Nebenintervention in erster Instanz trägt der Beklagte 9/10; im Übrigen findet eine Erstattung der Kosten der Nebenintervention in erster Instanz nicht statt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 21.190,- EUR
Gründe
I. Mit der Klage werden Mangelbeseitigungskosten aus der Erbringung von Zimmer- und Dachdeckerarbeiten geltend gemacht. Die Berufung wendet sich dagegen, dass der Anspruch der Klägerin wegen einer Mitverantwortung des Streithelfers gekürzt wurde.
Bezüglich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Stuttgart vom 15.8.2013 - 17 O 927/12, verwiesen.
Mit diesem Urteil hat das LG der Klage teilweise stattgegeben. Die Klägerin habe einen Kostenvorschussanspruch i.H.v. 21.190,- EUR, weil nach Abnahme die Werkleistung des Beklagten mangelhaft i.S.d. § 13 Abs. 1 VOB/B sei. Im Bereich der Doppelsparren im Wohnzimmer sei die nach DIN 4108 erforderliche Luftdichtheit nicht hergestellt worden, weshalb die Werkleistung mangelhaft sei. Der Übergang zwischen Sparren und Holzschalung im Bereich des Quergiebels sei mangelhaft, weil dort die Luftdichtheitsebene nicht fachgerecht ausgeführt worden sei. Gleiches gelte für die Doppelsparren im Kinderzimmer. Die Farbbeschichtung der fertig behandelten Dachschalung sei mangelhaft, weil die unterseitige Dachschalung dunkle Verfärbungen aufweise. Die aufgebrachte Wachsbeschichtung sei nach den Herstellerangaben nur im Innenbereich geeignet und könne daher die Anforderungen an eine holzschützende Außenbeschichtung nicht erfüllen.
Die Haftung des Beklagten sei nicht aufgrund von Bedenkenhinweisen nach § 13 Abs. 3 VOB/B entfallen. Hinsichtlich der mangelnden Luftdichtheit des Gebäudes lägen Planungsfehler vor, weil aufgrund der geplanten durchgehenden Sparren die Dichtheit des Gebäudes nur schwer realisierbar gewesen sei. Dies sei für den Beklagten erkennbar gewesen. Das Gericht sei jedoch nicht davon überzeugt, dass der Beklagte eine inhaltlich ausreichende Bedenkenanmeldung gegenüber dem Streithelfer abgegeben habe. Nach Würdigung der Angaben des Beklagten, des Streithelfers und der Zeugen sowie deren Interessen am Ausgang des Verfahrens stünden unterschiedliche Angaben gegenüber, ohne dass konkrete Anhaltspunkte bestünden, welche Person die Wahrheit gesagt habe. Danach sei ein ausreichender Bedenkenhinweis des Beklagten nicht festzustellen. Hinsichtlich der mangelhaften Farbbeschichtung sei eine konkrete Anweisung der Klägerin oder des Streithelfers, die Koranolwachsbeschichtung zu verwenden, nicht festzustellen.
Der Anspruch der Klägerin sei wegen eines Mitverschuldens durch einen Planungsfehler des Streithelfers um 50 % zu reduzieren. Der Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass die Planung mit den durchgehenden Sparren von vornherein zu Problemen bei der Herstellung der Luftdichtheit des Gebäudes habe führen müssen. Dies sei Unternehmern und Planern seit Jahren bekannt. Der Planungsmangel beziehe sich auf den Bereich der Doppelsparren im Wohn- und Kinderzimmer. Nach Abwägung der Verursachungsbeiträge erscheine eine hälftige Quotierung des Ausführungsverschuldens zum Planungsverschulden angemessen. Der Beklagte habe die nicht ausreichen...