Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast bei Abänderung eines einige Jahre nach der Ehescheidung geschlossenen Unterhaltsvergleichs zum nachehelichen Unterhalt
Leitsatz (amtlich)
Wird die Abänderung eines Vergleiches über Unterhalt angestrebt, gehört zum schlüssigen Vortrag eine umfassende Darstellung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses und die Darlegung, wie sich diese geändert haben. Dies gilt auch dann, wenn der titulierte Unterhalt auf Billigkeit beruht.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 4, § 1576
Verfahrensgang
AG Esslingen (Urteil vom 24.11.2004; Aktenzeichen 4 F 545/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Esslingen vom 24.11.2004 (AZ: 4 F 545/04) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 9.816,84 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
Der am. 1943 geborene Kläger und die am. 1943 geborene Beklagte haben am. 1968 die Ehe geschlossen, aus der ein zwischenzeitlich volljähriger Sohn hervorgegangen ist.
Der Kläger war während der Ehezeit selbständig tätig. Die Beklagte arbeitete neben ihrer Tätigkeit in der Familie beim Kläger mit. In der Trennungsphase begann sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin, die sie noch im Jahr der Scheidung, welche am 28.10.1992 erfolgte, abschloss.
Anlässlich der Scheidung schlossen die Parteien einen Vergleich zum nachehelichen Unterhalt, in dem sich der Kläger verpflichtete, an die Beklagte monatlichen Aufstockungsunterhalt i.H.v. 1.150 DM zu zahlen. Für den Zeitraum ab 1.1.1993 sollten sich etwaige Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten.
Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Scheidung noch mindestens 53.000 DM an ehegemeinschaftlichen Schulden zu tilgen, was ihn nach der übereinstimmenden Erklärung der Parteien zur Zahlung von Ehegattenunterhalt leistungsunfähig machte. Die vom Kläger auf diese Schulden bezahlten Raten beliefen sich ausweislich der beigezogenen Akte 1 F 152/00 des AG Nördlingen auf rund 1.500 DM monatlich.
Die Beklagte, die eine Arbeitsstelle als Altenpflegerin gefunden hatte, wurde im Jahr 1996 krankheitsbedingt arbeitsunfähig und zum 31.5.1999 arbeitslos. Im März 2000 erhob sie vor dem AG Nördlingen eine Stufenklage auf Auskunft und Unterhalt (AZ 1 F 152/00). Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer einer Firma W. berufstätig. Er war Mitgesellschafter dieser Firma und erzielte ein Geschäftsführergehalt von 160.000 DM.
Ohne dass der Kläger Auskunft über seine Einkünfte erteilt und bevor noch die Beklagte ihren Unterhaltsanspruch beziffert hatte, schlossen die Parteien am 20.11.2000 vor dem FamG Nördlingen einen Vergleich.
Das FamG hatte zuvor seine Rechtsauffassung dargelegt, dass die Beklagte wohl nur einen Anspruch aus Billigkeitsgründen habe. Ausweislich des Protokolls verhandelten die Parteien danach streitig mit der bisherigen Rechtsansicht weiter.
Der Vergleich hat folgenden Inhalt:
"Der Beklagte zahlt aus Billigkeitsgründen - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - an die Klägerin ab August 2000 einen Betrag i.H.v. 1.600 DM monatlich."
Als Vergleichsgrundlage ist ein Arbeitslosengeld der damaligen Klägerin, jetzigen Beklagten, i.H.v. 1.500 DM angegeben.
Der Kläger begehrt nunmehr Abänderung des Vergleichs dahingehend, dass er der Beklagten keinen Unterhalt mehr schuldet.
Hierzu trägt er vor, die dem Vergleich zugrunde liegenden Verhältnisse hätten sich geändert. Er sei nicht mehr Geschäftsführer oder Gesellschafter der Firma W. GmbH. Die Geschäftsanteile an dieser Gesellschaft habe er mit Wirkung zum 1.1.2002 für 350.000 EUR verkauft. 175.000 EUR hierfür habe er erhalten und verbraucht, der weitere Teilbetrag, der zum 31.12.2002 fällig gewesen sei, sei nicht bezahlt worden, da über das Vermögen der W. das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Bis einschließlich März 2003 habe der Kläger noch für die Nachfolgefirma der W. gearbeitet, vom 1.4.2003 bis zum 31.3.2004 habe er für eine Firma G. gearbeitet, dieser Vertrag sei nunmehr ausgelaufen, der Kläger verfüge über keinerlei Einkünfte mehr außer über einen geringfügigen Kapitalertrag. Er lebe von finanziellen Unterstützungen durch seine jetzige Ehefrau, die allerdings als gebürtige Thailänderin und gelernte Schneiderin nur geringfügig berufstätig sei. Auskunft über Vermögen, Lebensversicherung etc. müsse er nicht erteilen, da ein Unterhaltstatbestand nicht gegeben sei.
Das FamG hat seinem Klagantrag, dass der Vergleich des AG Nördlingen, AZ 1 F 152/00 vom 10.11.2000 dahingehend abgeändert wird, dass festgestellt wird, dass der Kläger der Beklagten ab dem 1.5.2004 keinen Unterhalt mehr schuldet, durch Urt. v. 24.11.2004 stattgegeben.
Der Beklagten wurde das Urteil am 23.12.2004 zugestellt. Ihrem am Montag, den 24.1.2005 eingegangenen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung mit dem Ziel, die Klage abzuwe...