Verfahrensgang

LG Rottweil (Urteil vom 10.05.2021; Aktenzeichen 2 O 527/20)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 10.05.2021, Az. 2 O 527/20, abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.209,96 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 9.717,25 EUR seit 11.11.2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges VW Passat 2.0 l mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 864,66 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2020 an die Klagepartei zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis zu 13.000,00 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Kauf eines vom sogenannten "Dieselskandal" betroffenen Kraftfahrzeuges.

Am 18.04.2015 hatte der Kläger einen gebrauchten PKW der Marke VW Passat 2.0 l, Fahrzeug-Identifizierungsnummer: ... mit einer Gesamtfahrleistung von 77.881 km zum Preis von 15.600,00 EUR brutto erworben. Bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 28.04.2021 betrug der Kilometerstand 142.787 km.

Im streitgegenständlichen PKW ist ein von der Beklagten entwickelter Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut. Die Motorsteuergerätesoftware verfügt über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn sich das Fahrzeug im Prüfstand des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) befindet. Dies hat zur Folge, dass der Motor in der Prüfstandfahrt in einen Modus schaltet (Modus 1), der gegenüber dem Normalbetrieb (Modus 0) eine höhere Abgasrückführungsrate und damit einen verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOX) aufweist.

Am 14.03.2017 unterzeichnete der Kläger im Hinblick auf die streitgegenständlichen Ansprüche eine Abtretungserklärung gegenüber der ... GmbH. Diese hat am 06.11.2017 Klage gegen die Beklagte zum Landgericht Braunschweig erhoben und die Klage hinsichtlich der vorliegend geltend gemachten Ansprüche am 23.02.2021 wieder zurückgenommen.

Mit der am 28.12.2020 eingereichten und am 21.01.2021 zugestellten Klage hat der Kläger unter Zugrundlegung einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km in der Hauptsache zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 15.600,00 EUR nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 4.397,90 EUR zu verurteilen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klageforderung sei verjährt. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife durch. Insbesondere sei der Lauf der Verjährungsfrist mangels materieller Berechtigung der ... GmbH zur Klageerhebung nicht gehemmt worden. Die Nichtigkeit der Abtretung der klägerischen Ansprüche an die ... GmbH ergebe sich aus § 134 BGB, da die Rechtsdienstleistung der ... GmbH gegen § 3 und § 4 RDG verstoße.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 15.600,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2020 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 4.886,44 EUR Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges VW Passat 2.0 l mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen.

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 11.11.2020 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.074,16 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2020 an ihn zu zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung vom 11.10.2021 hat die Beklagte keinen Antrag gestellt, woraufhin der Kläger den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt hat.

II. Auf die Berufung des Klägers war die im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung säumige Beklagte wie im Tenor ersichtlich zu verurteilen.

1. Lediglich insoweit war die Berufung zurückzuweisen, als die vom Kläger auf der Basis einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km bezifferte anzurechnende Nutzungsentschädigung hinter der Nutzungsentschädigung zurückbleibt, die vom Senat mit einer angesetzten Gesamtlaufleistung von 250.000 km auf 6.390,04 EUR beziffert und vom Kaufpreis abzuziehen ist.

2. Die verzinsliche Forderung ergibt sich unter Berücksichtigung einer Vorteilsausgleichung nach Berechnung - mangels anderweitiger Anhaltspunkte - mit dem Kilometerstand, wie ihn der Kläger in der mündlichen Verhandlung erster Instanz mitgeteilt hat. Hieraus ergeben sich vom Kaufpreis abzuziehende Nutzungsvorteile in Höhe von 5.882,75 EUR, mithin eine nach §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu verzinsende Forderung in Höhe von 9.717,25 EUR.

3. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwa...

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