Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an Verkaufsprospekte von Fondsbeteiligungen.
2. Zur Frage der Beweislast hinsichtlich der Übergabe der Verkaufsprospekte.
3. Grundsätzlich genügt sowohl der Anlageberater als auch der Anlagevermittler seinen Aufklärungspflichten bereits dadurch, dass er dem Anleger den Emissionsprospekt übergibt, in dem die Risiken dargestellt sind, die mit einer Beteiligung verbunden sind. Ein Aufklärungsmangel kommt in diesem Fall nur dann in Betracht, wenn der Anlageberater bzw. Anlagevermittler die Risiken verharmlost hat.
4. Ein Beratungsverschulden liegt nicht vor, wenn lediglich kritische Pressestimmen in Branchendiensten nicht weitergegeben werden.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 16.09.2004; Aktenzeichen 7 O 420/2003) |
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 16.9.2004 wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert der Berufung: 28.846,36 EUR.
Gründe
I. Die Kläger verlangen Schadensersatz im Zusammenhang mit der Vermittlung und dem Erwerb von Anteilen am Immobilien- und Investmentfonds ...
Das LG wies die Klage ab. Dagegen legten die Kläger Berufung ein.
Die Kläger tragen vor, Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 seien gegeben, weil der Prospekt fehlerhaft sei und nicht hinreichend klar und verständlich über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Gesichtspunkte aufkläre.
Die Beklagten Ziff. 3 und 4 hafteten auf Schadensersatz, weil sie ihren Aufklärungs-, Warn- und Informationspflichten nicht nachgekommen seien, die aufgrund der Risiken der streitgegenständlichen Kapitalanlage entstanden seien. Die Beklagte Ziff. 3 müsse sich im Rahmen des Beratervertrages zwischen ihr und den Klägern das Verschulden des Beklagten Ziff. 4 zurechnen lassen.
Die Kläger beantragen, unter Abänderung des Urteils des LG Stuttgart die Beklagten als Gesamtschuldner diese als Gesamtberechtigte zu verurteilen, an die Kläger 28.846,36 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Beteiligung der Kläger an der ... i.H.v. nominal 45.000 DM ( 23.008,13 EUR).
Der Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte Ziff. 1.
a) Es kann im Hinblick auf die Begründetheit der Klage dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen der Kläger wegen eines Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht gem. § 138 ZPO nicht berücksichtigt werden kann, weil sie einerseits in beiden Instanzen vortragen, dass ihnen der Teil A des aus zwei Teilen bestehenden Prospekts nicht übergeben worden sei, sie aber andererseits ihre Prospekthaftungsansprüche auf Prospektfehler eben in diesem Teil A stützen, sich also so stellen, wie wenn sie auch den Teil A erhalten hätten.
Es kann ferner dahingestellt bleiben, dass auch die Treuhandkommanditistin zum Kreis der für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospektes Haftenden zählt, und zwar auch dann, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - den Prospekt weder herausgegeben noch gestaltet hat (Palandt, BGB, 65. Aufl. § 280 Rz. 54b).
Maßgeblich ist, dass nach der zutreffenden Begründung im Urteil des LG, auf die der Senat in vollem Umfang Bezug nimmt, keine Prospektfehler vorliegen. Die Berufungsbegründung führt weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Gesichtspunkte an, die nicht schon in den Entscheidungsgründen des Urteils hinreichend berücksichtigt worden sind.
Beispielsweise kommt das LG zu dem Ergebnis (S. 16 des Urteils), dass mit der Angabe des Kaufpreises und der Erläuterung der Preisgestaltung bei den Objekten ... und ... keine (un)vorteilhafte Angaben zum Wert der Grundstücke gemacht worden seien. Eine Aufteilung der Kosten auf Grund und Boden, Altbausubstanz sowie Umbau- und Neubaumaßnahmen sei nicht erforderlich gewesen. Die Kläger sind dagegen der Auffassung (Bl. 698 d.A.), dass ihnen fälschlicherweise der Eindruck vermittelt worden sei, es handele sich hierbei um den Verkehrswert, ohne dass eine Klarstellung erfolgt sei. Mangels Aufteilung der Kosten sei auch der tatsächliche Wert der Immobilie nicht nachvollziehbar. Die Auffassung des LG ist jedoch richtig. Die Kaufpreisberechnung für die Seniorenresidenz geht aus S. 62 des Prospektes Teil A klar hervor. Ihm liegt die Jahresmiete und ein Multiplikator zugrunde (Maklerformel). Vom Verkehrswert ist nicht die Rede. Der Zusammenhang lässt auch für den durchschnittlichen Anleger nicht den Schluss zu, dass hier eine Angabe über den Verkehrswert ...