Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 02.02.1988; Aktenzeichen 3 KfH O 185/87) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 02. Februar 1988 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Tenor des angefochtenen Urteils in Nr. 1 wie folgt neu gefaßt wird:
Der Beklagten wird untersagt. Letztverbraucher in ihrer Wohnung aufsuchen zu lassen und diese zu veranlassen, einen entgeltichen Vertrag über ein Fertighaus zu unterzeichnen, ohne daß der Aufgesuchte in einer gesondert zu unterzeichnenden, drucktechnisch hervorgehobenen Belehrung auf sein Widerrufsrecht nach dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften hingewiesen wird, es sei denn, daß der Aufgesuchte den Besuch zuvor zum Zwecke eines evtl. Vertragsschlusses verlangt hat.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Berufung und Beschwer der Beklagten: 30.000,00 DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Die Beklagte vertreibt Fertighäuser.
Die Beklagte warb in der Stuttgarter Zeitung für ein Bauvorhaben „Einfamilien-Reihenhäuser Katharinenstraße, Kemnat”. Auf die Annonce meldeten sich die Eheleute … aus Stuttgart. Die Beklagte übersandte ihnen ihr Expose vom 09.07.1987 (Anl. K 1), in dem sie mitteilte, daß das in dem beigefügten Lageplan näher bezeichnete Baugrundstück eine Größe von insgesamt 818 qm habe und daß sie darauf die Erstellung von fünf Reihenhäusern geplant habe, die wie folgt angeboten wurden:
Haus Nr. 1 |
Bauplatz mit 218 qm |
DM 189.660 |
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Haus mit Nebenkosten |
DM 223.500 |
= |
DM 413.660 |
Haus Nr. 2–4 |
Bauplatz je 150 qm |
DM 130.500 |
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Haus mit Nebenkosten |
DM 219.500 |
= |
DM 349.500 |
Haus Nr. 5 |
Bauplatz mit 150 qm |
DM 130.500 |
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Haus mit Nebenkosten |
DM 223.500 |
= |
DM 354.000 |
In der Folgezeit kam es zu mehreren Telefongesprächen zwischen Herrn … und dem für die Beklagte tätigen Verkäufer …, deren Ergebnis war, daß die Eheleute Arnold kein Mittelhaus wünschten, ein Eckhaus aber nicht mehr frei war, und daß die Beklagte sich wieder melden sollte, wenn sie wieder ein Eckhaus im Angebot hatte.
In der Folgezeit plante die Beklagte um. Das mittlere Haus (Haus Nr. 3) sollte wegfallen, so daß die Häuser Nr. 1, 2, 4 und 5 als Doppelhaushälften übrig blieben. Der Verkäufer … wandte sich in der letzten Juliwoche 1987 telefonisch an Herrn … und bot ihm einen 206 qm großen Bauplatz zum Preis von 179.220 DM und eine Doppelhaushälfte zum Preis von 223.500 DM an. Das Grundstück gehörte nicht der Beklagten und sollte vom Eigentümer direkt an den Käufer veräußert werden; nach Behauptung der Beklagten war das den Eheleuten … bekannt.
Herr … zeigte Interesse an dem neuen Angebot. Auf seine Frage nach der Finanzierbarkeit des Bauvorhabens erklärte der Verkäufer …, zu einer möglichen Besprechung könne der mit Finanzierungen vertraute Geschäftsführer der Beklagten, Herr …, zugezogen werden, wegen eines genauen Termins müsse aber mit Herrn … noch Rücksprache genommen werden. Herr … rief absprachegemäß einige Tage später wieder an. Bei diesem Telefongespräch wurde ein Besprechungstermin in der Wohnung der Eheleute … vereinbart.
Anläßlich der verabredeten Besprechung in der Wohnung der Eheleute … schlossen diese mit der Beklagten über das Bauvorhaben Katharinenstraße, Haus Nr. 2, am 07.08.1987 eine schriftliche Vereinbarung (Anl. K 2), durch die der Beklagten ein Planungsauftrag nach der HOAI erteilt und außerdem ein „Vorvertrag” zu einem Werkvertrag über die Erstellung eines Donautalhauses geschlossen wurde. Eine Belehrung, daß das Geschäft binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerrufen werden könne, wurde den Eheleuten … nicht ausgehändigt. Mit Schreiben vom 14.08.1987 (Anl. B 1) erklärten die Eheleute … „aus Gründen der beengten Grundstücksverhältnisse” den Rücktritt vom Vertrag. Die Beklagte übersandte ihnen daraufhin mit Schreiben vom 06.10.1987 (Anl. K 3) eine Honorarrechnung nach der HOAI (100 % abzgl. 40 % ersparte Aufwendungen und 14 % MwSt.) über 13.921,63 DM.
Die Klägerin beanstandet das Vorgehen der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Abschlusses von Haustürgeschäften ohne die vorgeschriebene Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem HaustürWG. Sie hat vorgetragen:
Die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG greife nicht ein. Die Verhandlungen seien nicht auf vorhergehende Bestellung geführt worden. Die Vertreter der Beklagten hätten nur zu einem „Informationsgespräch” vorbeikommen wollen. Vertragsverhandlungen seien schon deshalb nicht zu erwarten gewesen, weil nach dem Inhalt des Exposes vom 09.07.1987 ein Haus mit Grundstück angeboten worden sei, dessen Kauf der notariellen Beurkundung bedurft habe. Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, Letztverbraucher in ihrer Wohnung aufsuchen zu lassen und diese zu veranlassen, einen ...