Verfahrensgang
LG Hechingen (Urteil vom 23.11.2020; Aktenzeichen 2 O 182/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 23.11.2020, Az. 2 O 182/20, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.554,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus 13.310,75 EUR vom 28.8.2020 bis 27.9.2021 und darüber hinaus aus 11.554,81 EUR seit 28.9.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges ..., Fahrzeug-Ident.-Nr. ...
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 1.029,35 EUR für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung nebst Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab 28.8.2020 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird unter Abweisung seines Antrags auf Feststellung der Teilerledigung des Rechtsstreits zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen der Kläger zu 47 % und die Beklagte zu 53 %, die Kosten im Berufungsverfahren der Kläger zu 56 % und die Beklagte zu 44 %.
IV. Das Urteil des Senats sowie - im Umfang der Zurückweisung der Berufung - auch das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts Hechingen sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird hinsichtlich der Rechtsfrage, ob und in welcher Höhe nach der Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB ein Restschadensersatzanspruch nach § 852 S. 1 BGB besteht, zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 26.106,80 EUR
Gründe
A. Der Kläger verlangt von der beklagten ... AG Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal.
I. Der Kläger kaufte am 31.3.2015 über die Firma ... direkt von der Beklagten das im Tenor genannte Fahrzeug vom Typ ... als Neuwagen (siehe auch die als Anlage zur Klage vorgelegte Bestellung vom 31.3.2015 ["Der Verkauf des Fahrzeuges erfolgt im Namen der ... AG."] und die Rechnung der Beklagten vom 3.4.2015 als Anlage zum Senatsprotokoll). Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs ... ausgestattet. Dieser verfügte über eine Motorsteuersoftware, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchführt, und in diesem Fall einen Modus einschaltet, in dem das Fahrzeug mit einer höheren Abgasrückführungsrate und einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) betrieben wird als gewöhnlich. Das von der Beklagten angebotene Software-Update ließ der Kläger gegen Ende des Jahres 2016 aufspielen. Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts sowie wegen des Vorbringens und der Antragstellung in erster Instanz auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
II. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte hafte zwar gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nach §§ 826, 31 BGB auf Schadensersatz. Der Anspruch sei jedoch verjährt. Deliktische Ansprüche von Besitzern eines Fahrzeugs mit dem Motor ....... gegen die beklagte Motorherstellerin hätten in der Regel mit Ablauf des Jahres 2015 zu verjähren begonnen, weil das Unterlassen der Einholung einer Auskunft über die Betroffenheit des eigenen Fahrzeugs bei der Beklagten im Jahr 2015 angesichts der öffentlich verbreiteten Informationen des KBA und der Beklagten im Zweifel grob fahrlässig gewesen sei. Deliktische Ansprüche im Zusammenhang mit der Entwicklung und Implementierung des Softwareupdates seien nicht feststellbar. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
III. Der Kläger verlangt mit der Berufung die erstinstanzlichen Anträge im Wesentlichen weiter und stützt sich hilfsweise auf § 852 BGB. Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 15.2.2021 verwiesen.
Der Kläger beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 23.11.2020, Az.: 2 O 182/20, wird aufgehoben und die Beklagte nach Maßgabe der nachfolgenden Anträge verurteilt:
1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 18.745,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges ..., Fahrzeug-Ident.-Nr. ...
2) Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 1) in Annahmeverzug befindet.
3) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.324,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für di...