Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß eines Optikerunternehmens: Unlautere Werbung für kostenlose Abgabe einer Bonuscard und einer Zweitbrille. Mengenrabattgewährung bei Kauf eines Einzelstücks
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 19.4.2012 (Az.: 35 O 11/11 KfH) wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung des Klägers wird das unter Ziff. I bezeichnete Urteil im Kostenpunkt und soweit das LG zum Nachteil des Klägers erkannt hat abgeändert und wie folgt neugefasst:
1. Die Beklagte wird unter Erstreckung der vom LG Stuttgart ausgesprochenen Ordnungsmittelandrohung weiter verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Stammkunden anzukündigen:
"Beantragen Sie jetzt Ihre persönliche B. BONUS-KARTE - und zum Start erhalten Sie als treuer Kunde exklusiv ein Brillenglas geschenkt. Zugleich sparen Sie den Bonuskarteneinstiegspreis von 5 EUR."
und/oder
ankündigungsgemäß zu verfahren, wenn aufgrund der Bonuskarte bei nachfolgenden Einkäufen im Geschäft der Beklagten ein Rabatt gewährt wird.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 208,65 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit 4.2.2011 zu bezahlen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
IV Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen der Unterlassungsansprüche gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 30.000 EUR für jeden einzelnen Anspruch.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % der vollstreckbaren Kostenforderung abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen, soweit bereits das LG die Beklagte zur Unterlassung verurteilt hat. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Streitwert für beide Rechtszüge: bis 101.000 EUR
Gründe
Der Kläger begehrt Unterlassung auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage und Kostenerstattung.
Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 19.4.2012 (Az.: 35 O 11/11 KfH) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Beklagte unter Ordnungsmittelandrohung und Klageabweisung im Übrigen verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in "Werbeflyern" mit Aussagen wie "Kostenlose Zweitbrille * dazu!" oder "* Kostenlose Zweitbrille mit Kunststoffgläsern +7 - 6 dpt, cyl. 2 dpt, Fassung aus der I. Collection" zu werben und an den Kläger 208,65 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4.2.2011 zu zahlen.
Die kostenlose Auslobung der Bonuskarte an Stammkunden durch die Beklagte verstoße weder gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 7 HWG noch gegen andere Regelungen des Wettbewerbsrechts. Die Marktverhaltensregelung des § 7 HWG greife nicht. Das streitgegenständliche Angebot der Beklagten unterfalle zwar § 7 HWG. Die kostenlose Abgabe der Bonuskarte an Stammkunden stelle aber keine unzulässige Zuwendung dar.
Zwar liege eine Zuwendung vor, indem die Karte an Stammkunden kostenlos abgegeben werde. Diese sei jedoch mit 5 EUR von geringem Wert. Der Karteninhaber erhalte bei jedem Einkauf einen Rabatt, der in Abhängigkeit vom jeweiligen Kaufpreis nicht mehr als geringwertig anzusehen sei. Darüber hinaus könne er erhebliche weitere Vergünstigungen in Anspruch nehmen. Diese erhalte aber auch derjenige, der die Karte zum Preis von 5 EUR erworben habe. Die Verbindung zwischen dem Erwerb der Karte zum Preis von 5 EUR und der mit der Inhaberschaft einhergehenden Vergünstigungen werde vom Kläger nicht zum Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits erhoben. Dies habe zur Folge, dass bei der Auslobung der kostenlosen Karte lediglich der Unterschied zum regulären Erwerb zu 5 EUR im Rahmen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG zu berücksichtigen sei.
Die kostenlose Auslobung der Zweitbrille beim Erwerb von Premiumgläsern stelle dagegen eine wettbewerbswidrige Handlung der Beklagten dar; zwar nicht nach § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Anhang Nr. 21 zu § 3 Abs. 3 UWG. Es handele sich im vorliegenden Fall um eine Zugabe und nicht um ein Paketangebot, so dass Anhang Nr. 21 zu § 3 Abs. 3 UWG nicht anwendbar sei. Die Zweitbrille stelle keine funktionale Einheit mit der Erstbrille dar, die eine Zugabe ausschließen würde. Die beiden Brillen seien in ihrer Verwendung alternativ und ergänzten sich nicht gegenseitig.
Für eine Zugabe spreche auch der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.1.2012 angegeben habe, dass der Kunde die angebotenen Preise für die Premium-Gläser auch dann in voller Höhe bezahlen müsse, wenn er die Zweitbrille nicht haben wolle. Paketbestandteile könne der Kunde in aller Regel auch einzeln erw...