Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 16.02.2022; Aktenzeichen 5 O 108/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird der Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 16.02.2022, Az. 5 O 108/19, wie folgt weiter verurteilt:
1.1 Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.873,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.05.2019 zu zahlen.
1.2 Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR freizustellen.
2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert des Berufungsverfahrens:
bis zur Berufungsrücknahme des Beklagten: 9.123,06 EUR ab der Berufungsrücknahme des Beklagten: 1.873,02 EUR
Gründe
I. 1. Nach vorangegangener Probefahrt am 07.02.2018 kaufte die Klägerin vom Beklagten, einem gewerblichen Fahrzeughändler, am 17.02.2018 für 4.900 EUR einen gebrauchten M., Erstzulassung 8/1999, mit einer Laufleistung von 157.690 km (Anlage K1). Der Kaufvertrag enthält folgenden Passus:
"Das Fahrzeug wird als Bastelfahrzeug gebraucht und [in] altersgemäßem Zustand verkauft. Der Käufer hat das Fahrzeug besichtigt und Probe gefahren. Er hat den vorgefundenen Zustand akzeptiert."
Aufgrund von Mängelrügen der Klägerin befand sich das Fahrzeug am 03.03.2018, vom 21.05. bis 01.06.2018 und vom 09. bis 16.06.2018 in der Werkstatt der Beklagten. U.a. tauschte der Beklagte Zündspulen aus und reinigte den Luftmassenmesser.
Mit Anwaltsschreiben vom 24.08.2018 trat die Klägerin vom Kaufvertrag zurück (Anlage K4). Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2018 wies der Beklagte die Rücktrittserklärung als unbegründet zurück.
Am 15.10.2018 beauftragte die Klägerin einen Privatgutachter mit der Erstattung eines Gutachtens zu den streitigen Mängeln des Fahrzeugs. Im Rahmen der Begutachtung wurde eine Zündkerze des dritten Zylinders ersetzt. Für das Gutachten (Anlage K3) entstanden insgesamt Kosten i.H.v. 1.873,02 EUR (Anlage K5).
Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Kaufvertrag vorsorglich wegen arglistiger Täuschung angefochten.
Die Klägerin behauptet:
Das Fahrzeug sei bei Übergabe mangelhaft gewesen. Bei kalten Temperaturen stottere der Motor und nehme das Gas nicht an. Erst nach einigen Kilometern laufe er normal. Nach der zweiten und dritten Reparatur habe sich der Zustand verschlimmert. Nun ruckele das Fahrzeug auch im warmen Zustand, vor allem beim Beschleunigen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 4.655,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.09.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs S. Kompressor (170), Fahrzeugident.-Nr. W...2,
2. den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin Zinsen in Höhe von 2 % p.a. aus einem Betrag von 4.757,28 EUR für die Zeit vom 17.02.2018 bis zur Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 1.873,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.09.2018 zu zahlen,
4. festzustellen, dass der Beklagte sich mit der Entgegennahme des im Klagantrag zu Ziff. 1 genannten Pkw im Annahmeverzug befindet,
5. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Prozessbevollmächtigten in Höhe von 650,34 EUR freizustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet:
Die Überprüfungen in der Werkstatt des Beklagten hätten keine Fehlfunktionen ergeben. Der Luftmassenmesser sei nur vorsorglich gereinigt worden.
Die Gutachterkosten seien weder üblich noch angemessen. Die in den Gutachterkosten enthaltenen Abschleppkosten seien nicht notwendig gewesen, da das Fahrzeug fahrbereit gewesen sei. Die Gutachterkosten seien außerdem deshalb nicht erstattungsfähig, weil das Gutachten erst nach der Rücktrittserklärung in Auftrag gegeben worden sei.
Die Klägerin habe das Fahrzeug erheblich beschädigt. Sie habe einen Lackkratzer auf der rechten Seite verursacht, den rechten Frontscheinwerfer beschädigt und dadurch, dass sie das Fenster offengelassen habe, einen Schimmelschaden im Innenraum verursacht. Die Beseitigung koste insgesamt 3.000 EUR (Lackkratzer 1.000 EUR; Frontscheinwerfer 600 EUR; Schimmelbefall 1.400 EUR). Mit den diesbezüglichen Gegenansprüchen rechne der Beklagte auf.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die Schriftsätze und auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Zeugen Z. und L. vernommen.
2. Das Landgericht hat dem Klagantrag Ziff. 1 i.H.v. 4.450,04 EUR stattgegeben und auf den Klagantrag Ziff. 4 hin festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Entgegennahme des Pkw in Annahmeverzug befinde. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründun...