Leitsatz (amtlich)
Ein Bauträger kann den mit der Planung von Reihenhäusern beauftragten Architekten nicht wegen Fehlplanung mit der Begründung in Haftung nehmen, das Bauwerk entspreche hinsichtlich des Schallschutzes - trotz Einhaltung der DIN 4109 - nicht dem Stand der Technik, da eine einschalige statt eine doppelschaligen Bauweise geplant worden sei, wenn er vom Fach ist und dem Architekten auf Augenhöhle gegenüber steht und die einschalige Bauweise nach Einschaltung von Schallschutzgutachtern gezielt von ihm aufgrund einer bewussten Entscheidung angeordnet worden ist und er schon vor Erstellung der Planung die Kaufpreise entsprechend verbindlich kalkuliert hat.
Normenkette
BGB a.F. § 635
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 25.02.2011; Aktenzeichen 19 O 105/2006) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil des Einzelrichters der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 25.2.2011 - Geschäftsnummer: 19 O 105/06 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Streitwert der Berufung: 248.777,14 EUR
Gründe
I. Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagten aus Architektenhaftung Ersatz von 216.000 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 12 Beträgen zu je 18.000 EUR, die die Klägerin den 12 Erwerbern von Reihenhäusern in dem Gebiet "XXX" (E.-Gelände; A. straße) in F. als Minderung für die unter schalltechnischen Gesichtspunkten mangelhafte Bauausführung durch Einbau einer nur einschaligen Trennwand zum Nachbarn im Vergleichswege bezahlt hat. Daneben verlangt die Klägerin von den Beklagten Ersatz ihrer Rechtsanwaltskosten i.H.v. 32.777,14 EUR in diesen Prozessen aus der Gebührenrechnung des Rechtsanwalts Prof. M. vom 30.11.2006 (Bl. 215).
Die Klägerin hat als Bauträgerin die Beklagten mit Architektenvertrag vom 28.8.1998 (K 1) mit den Leistungsphasen 1-5 gem. § 15 HOAI a.F. betraut. Das Bauvorhaben umfasste 4 Doppelhaushälften, 12 Reihenhäuser und 24 Wohneinheiten. Mit der Vergabe (LP 6 und 7) waren die Architekten B. und G. beauftragt, die Objektüberwachung (LP 8) hat die Klägerin in Eigenregie durchgeführt. Die Architekten B. und G. rechneten ihre Leistungen am 5.7.1999, K 30 ab, die Beklagten mit Schlussrechnung vom 31.7.2001, K 8. Die Klägerin leistete ihre Zahlungen jeweils zeitnah und ohne Vorbehalt.
Im Architektenvertrag mit den Beklagten ist unter Ziff. 4 geregelt:
"Der Architekt ist gehalten, nach den Regeln der Baukunst das Projekt auszuführen und im Hinblick auf die Zeitverhältnisse eine kostensparende Gesamtplanung vorzunehmen".
Lt. Ziff. 6 hatten die Beklagten auch eine Baubeschreibung als Anlage zur Teilungserklärung zu erstellen, wobei die Klägerin als Bauträgerin ein Konzept zur Verfügung gestellt hat. In der für die Käufer der Häuser erstellten Baubeschreibung vom 20.10.1998/4.11.1998 findet sich hinsichtlich des Schallschutzes folgende Formulierung: "Schallisolierung nach DIN 4109". Weiter ist dort vermerkt: "Die Reihenhaustrennwände werden zur besseren Schallisolierung in Stahlbeton hergestellt". Die Trennwand zwischen den Reihenhäusern ist nicht zweischalig, sondern einschalig als 25 cm starke Betonwand ausgeführt. Weiter sind Hausgruppen von jeweils 4 Häusern mit einer durchgehenden Betondecke über dem 1. OG erstellt worden. Die Dachgeschosse sind in der jeweiligen Reihe durchgängig offen und können nicht als Wohnraum genutzt werden. Die Außenwand läuft von einem Haus zum anderen ohne Putztrennung durch. Auch sind die Häuser teilweise nur teilunterkellert.
Unstreitig sind beide Parteien für den Schallschutz von der DIN 4109 ausgegangen. Bereits zuvor hatten die Parteien gemeinsam Reihenhäuser im Gebiet "O." in S. ebenfalls in einschaliger Ausführung, ebenso danach in F.-errichtet. Die Klägerin hat 1997 durch den Bauphysiker M. vom Büro Dr. S. & B. und den Statiker Mü. abklären lassen, dass die Anforderungen der DIN 4109 eingehalten werden können, wenn die Haustrennwände einen Mindestquerschnitt von 25 cm haben (vgl. B 1), nachdem ursprünglich von der Klägerin nur 24 cm dicke Stahlbeton-Wohnungstrennwände ins Gespräch gebracht worden waren (s. B 23, B 24). Am 4.11.1998 (B 28) hat die Klägerin für das Bauvorhaben "O." einen Schallschutznachweis eingeholt, der auch Grundlage für das Bauvorhaben "XXX" war. Unstreitig erreichen die Haustrennwände der streitgegenständlichen Häuser einen Schallschutz von 58,5 dB, der die Anforderungen der DIN 4109 von 57 dB geringfügig überschreitet.
Am 15.7.1999 (s. B 29) hat die Klägerin sich an das Ingenieurbüro Dr. S. + B. GmbH gewandt und wegen Bedenken, ob im Hinblick auf das Urteil des OLG München vom 3.2.1998, BauR 1999, 399 der Schallschutz ausreicht, um Bestätigung gebeten, dass eine betonierte Haustrennwand mit 25 cm Stärke...