Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 30.05.1994; Aktenzeichen 9 O 680/93)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30.05.1994 wird

zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung und Beschwer des Beklagten: 24.500,– DM.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht geht das Landgericht davon aus, daß die Kläger ihre Erklärungen vom 24.03.1993 gem. §§ 1 und 2 HWiG widerrufen konnten und deshalb gem. § 3 HWiG ihre Zahlungen zurückfordern können.

Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil wird Bezug gekommen. Die hiergegen von der Berufung vorgebrachten Argumente vermögen am Ergebnis nichts zu ändern.

Die von den Klägern abgegebenen Willenserklärungen waren auf den Abschluß eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung (I.) gerichtet; sie sind anläßlich einer Freizeitveranstaltung (II.) abgegeben worden. Der Vertrag ist von Beklagtenseite nicht erfüllt (III.). Der Beklagte handelte auch geschäftsmäßig (IV.).

I.

Die Entgeltlichkeit gem. § 1 Abs. 1 HWiG ergibt sich bereits aus dem Inhalt des Aufnahmevertrages. Dort wird unter § 1 Ziff. 3 die Verpflichtung des Beklagten dahingehend definiert, daß er 50 Jahre lang Wohnrechte entgeltlich zur Verfügung stellt. Darüber hinaus hat der Beklagte die Kläger auch schriftlich bestätigen lassen, daß sie einen Kaufvertrag abgeschlossen haben, womit auch für den Laien erkennbar wurde, daß er gegen Bezahlung Ferienwohnrechte erwerben sollte. Wenn – was aus der Argumentation des Beklagten erhellt – mit der Konstruktion des Vereinsbeitritts der Tatbestand des 1 Abs. 1 HWiG umgangen werden sollte, so wäre gleichwohl gem. § 5 Abs. I HWiG für die Kläger ein Widerrufsrecht gegeben. Bei zutreffender Betrachtung ist der „Vereinsbeitritt” der Kläger nichts anderes als ein Time-sharing-Kaufvertrag (s. auch Hillenbrand in NJW 94 S. 1992).

II.

Zutreffend ist das Landgericht auch davon ausgegangen, daß die Erklärungen der Kläger anläßlich einer Freizeitveranstaltung im Sinne des § 1 Abs. I Ziff. 2 HWiG abgegeben worden sind.

Sinn und Zweck der Regelung betreffend Freizeitveranstaltungen ist es, eine Bindung des Verbrauchers an eine Willenserklärung in einer Situation zu vermeiden, in der für den Verbraucher der Geschäftszweck hinter die vom Veranstalter herbeigeführte freizeitliche Stimmung und Erwartungshaltung zurücktritt, Preis- und Qualitätsvergleiche praktisch nicht möglich sind und die Gelegenheit zu ruhiger Überlegung und Umkehr, wenn überhaupt, nur eingeschränkt gegeben ist (BGH NJW 90 S. 3265).

Der von den Klägern geschilderte – vom Beklagten insoweit nicht in Abrede gestellte – Ablauf der Veranstaltung, während der es zum Vertragsschluß kam, erfüllt alle Merkmale einer Freizeitveranstaltung. Geschäftszweck aus Sicht des Beklagten ist und war, Timesharing-Kaufverträge abzuschließen. Diese gewerbliche Zielsetzung läßt aber schon die Einladung zu der Veranstaltung gerade nicht deutlich werden. Vielmehr wurden die Kläger mit dem Hinweis, nur dort könne ein Gewinn eingelöst werden, dazu gebracht, diese Veranstaltung zu besuchen. Der darüber hinausgehende Hinweis, man könne eine exklusive und erfolgreiche Urlaubsidee kennenlernen, läßt ebenfalls nicht deutlich erkennen, daß gewerbliche Zwecke verfolgt werden.

Bei Kaffee und Kuchen, unter dem Eindruck von Videofilmen und Urlaubspostern, wurden die Kläger schließlich vom eigentlichen Zweck der Veranstaltung abgelenkt (s. auch BGH a.a.O., dessen Entscheidung einen ähnlich gelagerten Fall betrifft).

Der gesetzgeberische Hintergrund des Haustürwiderrufsgesetzes ist es, den Verbraucher unter den geschilderten Bedingungen vor einer Beeinträchtigung seiner rechtsgeschäftlichen Entschließungsfreiheit zu schützen und ihm die Möglichkeit eines Widerrufs zu geben. Die Möglichkeit zum Widerruf ist den Klägern in der gesetzlich dafür vorgesehenen Form nicht gegeben worden. Deshalb konnten die Kläger – wie geschehen – ihre Willenserklärung auch später noch wirksam widerrufen. Unter diesen Voraussetzungen war nicht weiter darauf einzugehen, daß auch darüber hinaus Bedenken gegen das Verhalten des Beklagten bei der Geschäftsanbahnung bestehen könnten.

III.

Es trifft auch nicht zu, daß das Widerrufsrecht der Kläger gem. § 2 Abs. I Satz 4 HWiG erloschen ist. Die beiderseitigen Leistungen sind nicht erbracht. Im Aufnahmevertrag vom 24.03.1993 hat sich der Beklagte verpflichtet, den Klägern 50 Jahre lang Ferienwohnrechte zur Verfügung zu stellen. Diese Leistung ist – was auf der Hand liegt – keineswegs erbracht.

IV.

Das Haustürwiderrufsgesetz findet auch nicht deshalb keine Anwendung, weil der Beklagte nicht geschäftsmäßig gehandelt hat (§ 6 Ziff. 1 HWiG). Geschäftsmäßig handelt auch derjenige, der unabhängig von einer Gewinnerzielungsabsicht den Abschluß bestimmter Geschäfte zu wiederholen beabsichtigt und diese Tätigkeit zum dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung macht (Werner-...

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