Leitsatz (amtlich)
Die Statusänderung eines Kindes nach § 1599 Abs 2 BGB erfordert ein wirksames Vaterschaftsanerkenntnis des Dritten bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils, weshalb auch die gem. § 1599 Abs 2 S 2 BGB erforderlichen Zustimmungen innerhalb dieser Frist erfolgen müssen (entgegen OLG Zweibrücken v. 27.12.1999 – 2 UF 228/99, OLGReport Zweibrücken 2000, 390 = FamRZ 2000, 546)
Verfahrensgang
AG Sigmaringen (Urteil vom 02.07.2003; Aktenzeichen 1 F 37/03) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG Sigmaringen – FamG – vom 2.7.2003 abgeändert:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht der Vater des Klägers ist.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.
3. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: 2.000 Euro.
Gründe
I. Der Kläger wurde am 2.12.1998 während der Ehe seiner Mutter M.H. mit dem Beklagten geboren. Die Eltern des Klägers haben sich im März 1996 getrennt. Auf einen am 15.7.1998 eingegangenen und am 26.3.1999 zugestellten Scheidungsantrag der Mutter des Klägers wurde die Ehe durch Urteil des AG Sigmaringen vom 26.1.2000 (AG Sigmaringen, Urt. v. 26.1.2003 – 1 F 209/98) rechtskräftig seit 14.4.2000, geschieden. Der Kläger ficht die Vaterschaft des Beklagten an mit der Begründung, sein Vater sei G. S., nachdem dies durch ein von seiner Mutter und Herrn S. in Auftrag gegebenes DNA-Gutachten des Sachverständigen Dr. Mehnert in Neu-Ulm vom 22.12.1998 (Bl. 6–9 d.A.) mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,965 % festgestellt worden sei. G. S. hat die Vaterschaft durch Urkunde vom 24.6.1999 (Bl. 10 d.A.) anerkannt; die Mutter des Klägers hat dem Anerkenntnis durch Urkunde vom selben Datum (Bl. 11 d.A.) zugestimmt. Die Zustimmung des Beklagten erfolgte durch Urkunde vom 25.4.2002 (Bl. 12 d.A.). Das zuständige Standesamt Sigmaringen ist nicht bereit, die Vaterschaft des G. S. im Geburtenbuch des Klägers beizuschreiben.
Das FamG hat die Anfechtungsklage abgewiesen, weil es die Vaterschaft von G. S. durch wirksames Anerkenntnis gem. § 1599 Abs. 2 ZPO bereits für gegeben ansieht. Auf das erstinstanzliche Urteil wird Bezug genommen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Anfechtungsklage weiter. Der Beklagte hat sich, wie bereits in erster Instanz, nicht geäußert.
Der Senat hat die Mutter des Klägers als Zeugin vernommen. Sie hat bekundet, während der vom 5.2.1998 bis 4.6.1998 dauernden Empfängniszeit mit dem Beklagten keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.
II. Die nach Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage ist zu bejahen, weil das zuständige Standesamt nicht bereit ist, G. S. als Vater des Klägers im Geburtenbuch beizuschreiben, nachdem es die Wirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses verneint hat. Der Senat teilt nicht die Auffassung des FamG, das die Wirksamkeit des Anerkenntnisses bejaht und deshalb die Vaterschaft von G. S. zum Kläger bereits als festgestellt ansieht. Ob im Falle des § 1599 Abs. 2 BGB nur die Anerkennungserklärung des Mannes innerhalb des Jahresfrist gem. S. 1 der genannten Vorschrift zu erfolgen hat oder ob darüber hinaus auch alle sonstigen erforderlichen Zustimmungen vor Ablauf der Jahresfrist erteilt werden müssen, ist streitig. Der Gesetzeswortlaut lässt beide Auslegungen zu. Der Senat schließt sich der wohl überwiegenden Meinung im Schrifttum an, die dafür plädiert, die Ausnahmevorschrift des § 1599 Abs. 2 BGB eng auszulegen (Kirchmeier, KindPrax 1998, 145 [147]; Wachsmann, StAZ 2000, 375; Gaul, FamRZ 2000, 1461 [1466]; FamRefK/Wax, BGB, § 1599 Rz. 4; Wellenhofer/Klein in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1599 Rz. 49; Staudinger/Thomas Rauscher, BGB, Neubearbeitung 2000, § 1599 Rz. 89; a.A. Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1599 Rz. 10; Bamberger/Roth, BGB, § 1599 Rz. 3; OLG Zweibrücken v. 27.12.1999 – 2 UF 228/99, OLGReport Zweibrücken 2000, 390 = FamRZ 2000, 546). Die Jahresfrist soll nach dem Willen des Gesetzgebers einen unnötig langen Schwebezustand vermeiden (BT-Drucks. 13/4899, 53). Der Schwebezustand lässt sich aber nur durch eine wirksame Vaterschaftsanerkennung beenden, da bei Verneinung einer Befristung für die Zustimmungen eine erklärte, aber noch nicht wirksame Anfechtung unvorhersehbar lange in der Schwebe bleiben könnte. Das in § 1599 Abs. 2 S. 1 BGB geforderte Anerkenntnis der Vaterschaft ist daher als wirksames Anerkenntnis aufzufassen. Erforderlich ist also das Vorliegen aller Wirksamkeitsvoraussetzungen binnen Jahresfrist. Eine enge Auslegung des § 1599 Abs. 2 BGB ist auch deshalb geboten, da es sich bei dem dort geregelten scheidungsakzessorischen Statuswechsel durch privatautonome Erklärungen (Veit, FamRZ 1999, 902 ff.) um eine Sonderlösung zu dem Grundsatz des § 1599 Abs. 1 handelt. Das Kind hat ein berechtigtes Interesse daran, eine möglichst rasche Klärung seiner Vaterschaft herbeizuführen. Dies gebietet die Rechtssicherheit, der Rechtsfrieden und spezie...