Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 12.4.2019 (3 O 333/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.828,38 EUR zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.10.2018, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des PKW VW Tiguan 2,0 TDI DPF, Fahrzeugidentifikationsnummer ....

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin auf vorgerichtliche Anwaltsgebühren 1.100,51 EUR zu zahlen nebst Zinsen daraus in Höhe 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.10.2018.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 9 % und die Beklagte 91 %.

IV. Das Urteil des Senats sowie - im Umfang der Zurückweisung der Berufung - auch das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung der Gegenseite abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht zuvor die vollstreckende Partei Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 15.145,12 EUR

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten um deliktische Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte vor dem Hintergrund des so genannten VW-Diesel-Abgasskandals.

Das Landgericht hat der Klägerin die von ihr als Erbin ihres Ehemanns geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen des am 10.10.2008 von ihrem verstorbenen Ehemann erworbenen gebrauchten VW Tiguan mit dem eingebauten Dieselmotor der Reihe EA 189 auf der Grundlage der §§ 826, 31, 249 BGB zugesprochen und dabei - in Übereinstimmung mit der Berechnung der Klägerin - gezogene Nutzungen als Vorteilsausgleich auf der Basis einer geschätzten Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 250.000 km abgezogen. Zudem hat das Landgericht der Klägerin - antragsgemäß - Zinsen nach § 849 BGB, zwar nicht aus dem Kaufpreis, wohl aber aus dem eingeklagten Betrag, seit dem Datum der Bestellung des Fahrzeugs bis zum 11.10.2018 und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe einer 1,3 Gebühr aus dem ursprünglichen Klagantrag zugesprochen.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

Gegen dieses richtet sich die Berufung der Beklagten, die zusammen gefasst geltend macht, dass

  • es an einem täuschenden bzw. manipulativen Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin (gemeint wohl: gegenüber dem Ehemann der Klägerin) gefehlt habe, weil eine Täuschung durch Unterlassen eine - hier nicht existierende - Aufklärungspflicht voraussetze,
  • die fragliche Software keine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle,
  • diese Abschalteinrichtung nicht gegen die guten Sitten verstoßen habe,
  • die für die Annahme der Sittenwidrigkeit erforderliche besondere Verwerflichkeit nicht gegeben sei,
  • die Parallelwertung aus dem Kaufrecht (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) wegen der geringen Kosten für das Aufspielen des Software-Updates gegen die Annahme eines sittenwidrigen Handelns spreche,
  • eine Kausalität zwischen - unterstellter - Sittenwidrigkeit und Kaufentscheidung der Klägerin (gemeint wohl: deren Ehemanns) nicht festgestellt werden könne,
  • ein ersatzfähiger Vermögensschaden nicht angenommen werden könne, wobei sich die Beklagte auf das von ihr so genannte "Weiler-Gutachten" und das "Raue-Gutachten" bezieht (vgl. Blatt 151 ff),
  • die Beseitigung der monierten Umschaltlogik (durch das inzwischen aufgespielte Software-Update) einen vermeintlichen Schaden jedenfalls habe entfallen lassen,
  • der für § 826 BGB erforderliche Vorsatz nicht vorliege,
  • eine Zurechnung nach § 31 BGB analog, wie vom Landgericht angenommen, nicht über die hier nicht anwendbaren Grundsätze zur sekundären Darlegungslast erfolgen dürfe,
  • der zugesprochene Zins aus § 849 BGB jeder Grundlage entbehre und
  • sich aus dem in einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Urteil des OLG Braunschweig vom 19.2.2019 (7 U 134/17) ergebe, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht bestünden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der für die Beklagte auftretende Prozessbevollmächtigte die Auffassung vertreten, aus Art. 10 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 folge, dass die Beklagte wegen des vor dem 1.9.2009 liegenden Datums des Erwerbs des Fahrzeugs durch den Ehemann der Klägerin keine Täuschung begangen habe, schon gar nicht im Blick auf den vom BGH im Hinweisbeschluss vom 8.1.2019 (VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133) angenommenen Mangel.

Sie stellt daher den Antrag,

das Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 12.4.2019 (3 O 333/18) im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin stellt den Antrag,

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