Leitsatz (amtlich)
• EineBausummengarantie liegt nur vor, wenn einverbindlicher Kostenrahmen vereinbart wurde Dessen Überschreitung führt zur Haftung des Architekten nach § 635 BGB für den dem Bauherrn entstandenen Schaden, wenn der Architekt schuldhaft gehandelt hat (Schuldvermutung nach § 282 BGB) und nach §§ 633, 634 BGB auf Verlangen keine Abhilfe geschaffen wurde oder werden konnte. Von der am Ende erreichten Bausumme sind die Kosten für Sonderwünsche, spätere Änderungen und dergleichen abzuziehen. Für all dies ist derBauherr darlegungs- und beweispflichtig.
–Kostenangaben im Baugesuch und in den AZ-Rechnungen des Architekten als „vorläufig” angegebene Kosten geben keinen zuverlässigen Hinweis auf die Vereinbarung eines Kostenrahmens. Auch bei Fehlen der erforderlichen Kostenermittlung nach DIN 277 können diese nicht hilfsweise als Kostenermittlung nach Leistungsphase 2 des § 15 HOAI betrachtete werden.
– Der Bauherr muss dem Architekten nach § 634 BGB eineFrist mit Ablehnungsandrohung zur Nachbesserung seiner Planung setzen, wenn er erkennt, dass die Kosten aus dem Ruder laufen. Sonst kann er keine Schadensersatzansprüche nach § 635 BGB geltend machen.
• Verstößt der Architekt gegen seine nebenvertragliche Pflicht zur Kostenkontrolle (Kostenermittlung und -fortschreibung), so haftet er auspositiver Vertragsverletzung auf Schadensersatz.
– Hält der Bauherr trotz Kenntnis der davonlaufenden Kosten einfach an der Fertigstellung des Bauvorhabens in der bisherigen Art fest und verursacht er sogar noch weitere unnötige Kosten, so scheitert ein Schadensersatzanspruch des Bauherrn an der Ursächlichkeit der mangelhaften Kostenkontrolle für die erhöhten Kosten.
– Bei vorgesehener Eigennutzung ist der anzusetzende Verkehrswert nach demSachwertverfahren und nich nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln. Ist das Haus die aufgebrachten Kosten wert, so kann der bauherr auch nicht damit gehört werden, er habe es so aufwendig und individuell geplant, dass er die Kosten bei einem Verkauf nicht hereinbekomme. Das gilt auch dann, wenn der Bauherr die gestiegenen Kosten nicht tragen kann und dasHaus deshalbverkaufen muss.
Normenkette
BGB §§ 635, 278
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Aktenzeichen 6 O 1907/96) |
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgericht Ravensburg vom 03.04.1997 wird
zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen 9/10 der Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte, der Beklagte trägt das restliche 1/10.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die vorläufige Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 60.000,– abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 6.000,– abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch eine unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen deutschen Kreditinstituts zu erbringen.
Streitwert und Beschwer der Kläger: |
DM 725.866,65 |
Tatbestand
I.
Die Kläger nehmen den Beklagten als ihren planenden und bauleitenden Architekten auf Schadensersatz aus Bausummenüberschreitung in Anspruch.
Sie kauften sich am 12.8.93 das Grundstück … in Ravensburg von 1.868 m² mit einem 1951 gebauten Einfamilienhaus auf dem hinteren Grundstücksteil zu DM 1,35 Mio. Das Haus wollten sie mit Hilfe des Beklagten als Architekten und Bauleiter durch Um- und Anbau völlig nach ihren Bedürfnissen umgestalten. Diese Arbeiten hat der Beklagte auch noch über seine Kündigung vom 22.9.94 hinaus weitgehend durchgeführt. Zugleich wollten sie zur Finanzierung des Kaufs und des Umbaus ihr Hausgrundstück in Bodnegg verkaufen und vom Grundstück in Ravensburg einen vorderen Grundstücksteil von 820 m² abtrennen und extensiv bebauen und dann bebaut veräußern.
Die von ihnen wegen einer eventuellen Beteiligung an der Bebauung des Vordergrundstücks angesprochenen … S. lehnten wegen der Unsicherheit der Bebauung eine Beteiligung ab. Mit Teilurteil vom 4.8.98 hat der Senat ausgesprochen, dass auch der Beklagte entgegen der Behauptung der Kläger keine gemeinsame Bebauung mit den Klägern durchführte oder durchführen wollte. Er bemühte sich jedoch intensivst, aber aus den verschiedensten Gründen vergeblich, eine genehmigungsfähige Planung des Vordergrundstücks unter maximaler Ausnutzung des Grundstückes zu erreichen. Nach Übersendung seiner Schlussrechnung für diese Planung am 19.12.94 erreichten die Kläger mit Hilfe eines anderen Architekten eine Baugenehmigung für das Vordergrundstück am 28.2.95, führten dann die Bebauung durch und verkauften die darauf zu errichtenden Eigentumswohnungen am 19.3.96 zu DM 840.000,– an Frau … am 2.4.96 zu DM 630.210,– an das Ehepaar … und am 2.9.96 zu DM 690.000,– an das Ehepaar …
Das Haus in Bodnegg verkauften sie am 22.11.93 zu DM 825.000...