Leitsatz (amtlich)
1. Aus Zusagen eines (ehemaligen) Geschäftsführer-Gesellschafters, der Maklerlohn werde aus Mitteln anderer von ihm beeinflusster Gesellschaften oder aus seinem "Finanzbereich" bezahlt werden, kann sich ein nachträglicher Schuldbeitritt zu einer Verbindlichkeit aus einem Kreditvermittlungsgeschäft ergeben.
2. Ein solcher Schuldbeitritt stellt im Hinblick auf das Schriftformerfordernis des § 655b BGB kein Verbraucherhandeln i.S.d. § 13 BGB dar, wenn die Verwaltung des eigenen Vermögens einen planmäßigen Geschäftsbetrieb (beispielsweise in Gestalt der Unterhaltung eines Büros mit angestellten Mitarbeitern) erfordert.
3. Ansprüche gegen Geschäftsführer und/oder Gesellschafter aus § 826 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 288 StGB wegen behaupteter Verschiebung von Gesellschaftsvermögen ins Ausland kommen mangels Vermögensschaden nicht in Betracht, wenn der zugrundeliegende Anspruch auf Maklerlohn gleichzeitig noch gegen die Gesellschaft verfolgt wird und der Gläubiger damit zu erkennen gibt, dass er diese Ansprüche noch für werthaltig hält.
Normenkette
BGB §§ 652, 655b, 823 Abs. 2, § 826; StGB § 288
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Urteil vom 22.02.2022; Aktenzeichen 4 O 333/21) |
Tenor
I. 1. Auf die Berufung der Arrestklägerin wird das Arresturteil des Landgerichts Ellwangen vom 22.02.2022 im Verhältnis der Arrestklägerin zum Arrestbeklagten Ziffer 4 aufgehoben.
2. Wegen eines Teilanspruchs der Arrestklägerin in Höhe von 266.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für das Jahr seit dem 15.02.2019 sowie einer Kostenpauschale in Höhe von 10.000,00 Euro wird der dingliche Arrest in das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen des Antragsgegners Ziffer 4 erneut angeordnet.
3. Durch Hinterlegung von 276.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 266.000,00 EUR seit 15.02.2019 wird die Vollziehung des Arrests gehemmt; der Arrestbeklagte Ziffer 4 ist sodann berechtigt, die Aufhebung des vollzogenen Arrests zu beantragen.
4. Die weitergehende Berufung der Arrestklägerin wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung der Arrestbeklagten Ziffer 1 und 2 wird zurückgewiesen.
III. Von den gerichtlichen Kosten des Verfahrens und den außergerichtlichen Kosten der Arrestklägerin in beiden Rechtszügen tragen die Arrestklägerin 60 % und die Arrestbeklagten Ziffer 1, 2 und 4 gesamtschuldnerisch 40 %. Die Arrestklägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Arrestbeklagten Ziffer 1, 2 und 4 jeweils zu 47 % und die gesamten außergerichtlichen Kosten des Arrestbeklagten Ziffer 3. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 168.667,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Arrestklägerin und Berufungsklägerin sowie Berufungsbeklagte (im Folgenden: Arrestklägerin) verlangt die Anordnung eines dinglichen Arrests in das Vermögen der Arrestbeklagten und Berufungsbeklagten Ziff. 1 bis 4 (im Folgenden nur: Arrestbeklagte) wegen einer Provisionsforderung für eine Darlehensvermittlung. Die Arrestbeklagten Ziff. 1 und 2 sind gleichzeitig Berufungsklägerinnen.
1. Die Arrestklägerin ist eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts, deren Aufgabenfelder insbesondere die Beratung, Betreuung und Verwaltung von Unternehmen und Privatpersonen umfassen. Zum Geschäftsfeld zählt auch die Vermittlung von Finanzierungen.
Der Geschäftsführer der Arrestklägerin, J. B., ist zugleich Vorstand der deutschen G. I. AG mit Sitz in M.. Gegenstand der G. I. AG ist laut dem Eintrag im Handelsregister "An- und Verkauf, Projektentwicklung, Vermietung und Verwaltung von Immobilien, von beweglichen Gütern, Unternehmen und Beteiligungen aller Art weltweit sowie auch Vermögensverwaltung und Baubetreuungsgeschäfte. Eine handwerkliche Tätigkeit sowie eine gemäß § 34 c GewO erlaubnispflichtige Tätigkeit wird nicht ausgeübt" (Bd. I/Anl. AG zu 3/4, Anlage 3).
Zusammen mit u.a. der G. I. AG mit Sitz in Z., deren gesetzlicher Vertreter nicht J. B. ist, treten die Gesellschaften im Rechtsverkehr unter der Bezeichnung "G." auf.
Die Arrestbeklagte Ziff. 1 ist Teil der M.-Unternehmensgruppe, die von dem Arrestbeklagten Ziff. 4 gegründet wurde und u.a. Möbelhäuser und Einkaufszentren betrieb bzw. betreibt. Zur M.-Unternehmensgruppe gehören bzw. gehörten insgesamt 17 Unternehmen im In- und Ausland (siehe Auflistung Bl. I/42, 43 d.A.).
Der Arrestbeklagte Ziff. 4 war Geschäftsführer der Arrestbeklagten Ziff. 1 und 2. Er wurde vom Arrestbeklagten Ziff. 3 abgelöst. Nach dem unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, der insoweit allerdings auf falschem, in erster Instanz unstreitigen Parteivorbringen beruht, soll der Wechsel am 30.09.2021 stattgefunden haben. Tatsächlich fand der Wechsel, wie die Arrestklägerin durch Handelsregisterauszug nachgewiesen hat, bereits zum 30.12.2019 statt. Seit diesem Tag ist der Arrestbeklagte Ziff. 3 ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszugs als Geschäftsfü...