Leitsatz (amtlich)
Ob der Erwerb neuer Fähigkeiten (weitere Berufsausbildung) bei der Nachprüfung der Berufsunfähigkeit zu berücksichtigen ist, ergibt sich allein aus dem Inhalt der im Vertrag vereinbarten Definition der Berufsunfähigkeit.
Normenkette
VVG § 172
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 01.07.2015; Aktenzeichen 18 O 17/15) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Stuttgart - 18 O 17/15 - vom 1.7.2015 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Auch das angefochtene Urteil des LG ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: bis zu 113.000 Euro.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Leistungen aus drei bei der Beklagten genommenen Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Seit dem Jahr 1997 unterhält der Kläger bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (- Anlage K 3). Auf diese zahlte der Kläger bis 2006 einen monatlichen Beitrag i.H.v. 88,38; zuletzt erhielt er aus diesem Vertrag eine monatliche Rente i.H.v. 620,10 Euro (Anlage K 8). Die "Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung E 5" sehen unter anderem die nachfolgenden Regelungen vor (Anlage K 4):
"§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
...
§ 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder die Pflegestufe nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob der Versicherte eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausüben kann, wobei neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind.
..."
Der Kläger hat zudem im Jahr 1998 eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen (- Anlage K 5), auf die er im Jahr 2006 Beiträge i.H.v. monatlich 55,53 Euro zahlte und für die im Jahr 2014 eine Rente i.H.v. 259,30 Euro garantiert gewesen ist (Anlage K 6 a.E.). Deren "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung E 5" enthalten unter anderem nachfolgende Bestimmungen (Anlage K 6):
"§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens drei Jahre außerstande sein wird, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
...
§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob der Versicherte eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausüben kann, wobei neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind.
..."
Im Jahr 2001 hat der Kläger darüber hinaus eine Berufsunfähigkeitsversicherung (...) abgeschlossen (Anlage K 1), für die der monatliche Beitrag im Jahr 2006 bei 113,79 Euro lag und die monatliche Rente zuletzt 1.350,20 Euro betrug (Anlage K 7). In deren "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die ergänzende Berufsunfähigkeitsvorsorge" (im Folgenden: AVB - E 355) ist unter anderem bestimmt (Anlage K 2):
"§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande sein wird, ihren Beruf (bei Selbständigen auch nach einer zumutbaren Umorganisation des Betriebes) auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
...
§ 14 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 13 Abs. 2. Dabei können wir erneut prüfen, ...