Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 28.08.2018; Aktenzeichen 8 O 190/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.08.2018, Az. 8 O 190/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Streitwert der Berufung: bis 40.000 EUR

 

Gründe

Die Klägerin verlangt nach Abgabe einer Widerrufserklärung von der beklagten Leasinggesellschaft die Rückabwicklung ihres Leasingvertrages über einen PKW.

Beim streitgegenständlichen Leasingvertrag vom 18. Juli 2016, den die Klägerin als Verbraucherin geschlossen hat, handelt es sich um einen Kilometerleasingvertrag ohne Restwertgarantie und mit einer Vereinbarung zum Ausgleich von Mehr- und Minderkilometern. Der Vertrag sah eine Sonderzahlung von 30.341,12 EUR im Februar 2017 und 24 Leasingraten zu je 350 EUR ab Februar 2017 vor. Als Vertragszins war ein negativer Zinssatz von -9,89 % p.a. vereinbart.

Am 23. Januar 2018 erklärte die Klägerin den Widerruf des Leasingvertrages, den die Beklagte zurückwies.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und der Anträge der Parteien in erster Instanz wird auf die Schriftsätze und auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar handele es sich beim vorliegenden Leasingvertrag um eine Finanzierungshilfe nach § 506 Abs. 2 BGB, so dass der Klägerin ein Widerrufsrecht zugestanden habe. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen sei jedoch bei Vertragsschluss im Jahr im Juli 2016 in Gang gesetzt worden und daher bei Erklärung des Widerrufs abgelaufen gewesen.

Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter näherer Begründung weiterhin meint, die Widerrufsfrist sei bei Abgabe der Widerrufserklärung nicht abgelaufen gewesen.

Die Klägerin hatte ursprünglich im Berufungsverfahren beantragt festzustellen, dass der Beklagten aus dem Leasingvertrag ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 23. Januar 2018 kein Anspruch mehr auf die vertraglich vereinbarte Leasingrate zusteht; weiterhin hatte sie die Feststellung des Annahmeverzugs mit der Rücknahme des Fahrzeugs begehrt. Nach Ablauf der regulären Leasingzeit gab die Klägerin im Februar 2019 das Fahrzeug zurück, wobei sie zu diesem Zeitpunkt alle vertraglichen Leasingraten gezahlt hatte. Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz zuletzt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte wie folgt zu verurteilen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 38.741,12 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,36 EUR freizustellen.

3. Im Übrigen wird der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt zuletzt, nachdem sie den Hilfswiderklageantrag in der Berufungsverhandlung zurückgenommen hat,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2019 hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung der Berufung auch unter dem Gesichtspunkt in Betracht kommt, dass der streitgegenständliche Leasingvertrag nicht als Finanzierungshilfe angesehen werden könne, so dass kein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen, denn der zwischen den Parteien zustande gekommene Leasingvertrag war für die Klägerin nicht widerruflich.

1. Gemäß Art. 229 § 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, § 40 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juli 2016 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.

2. Ein gesetzliches Widerrufsrecht kann grundsätzlich nur bestehen, wenn der streitgegenständliche Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung entweder eine entgeltliche Finanzierungshilfe im Sinne von § 506 BGB (dann in Verbindung mit § 495 Abs. 1 BGB) oder eine unentgeltliche Finanzierungshilfe 515 BGB (dann in Verbindung mit § 514 Abs. 2 BGB) ist. Der Begriff der Finanzierungshilfe im Sinne von § 515 BGB entspricht dabei der sonstigen Finanzierungshilfe im Sinne von § 506 BGB, welche in § 506 Abs. 2 B...

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