Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Begrenzung nachehelichen Unterhalts. Begrenzung nachehelichen Unterhalts nach § 1578b Abs. 1 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Umfang der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts bei Vorliegen eines Prozessvergleichs.
2. ...
Normenkette
BGB § 1578b; EGZPO § 36 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
AG Balingen (Urteil vom 07.12.2007; Aktenzeichen 3 F 365/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Balingen vom 7.12.2007 wie folgt abgeändert:
Der Vergleich vor dem OLG Stuttgart vom 16.7.1996 (18 UF 52/96) wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte ab 1.3.2003 monatlichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:
vom 1.3.2003 bis 31.12.2003 917 EUR
zzgl. 225 EUR Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.142 EUR
vom 1.1.2004 bis 31.12.2004 973 EUR
zzgl. 237 EUR Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.210 EUR
vom 1.1.2005 bis 31.12.2005 1.041 EUR
zzgl. 259 EUR Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.300 EUR
vom 1.1.2006 bis 31.12.2007 1.100 EUR
zzgl. 279 EUR Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.379 EUR
vom 1.1.2008 bis 31.3.2010 800 EUR
zzgl. 200 EUR Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.000 EUR
vom 1.4.2010 bis 31.3.2018 500 EUR
wobei ein Altersvorsorgeunterhalt entfällt.
Der Unterhaltsanspruch der Beklagten wird bis 31.3.2018 befristet.
Die weitergehende Berufung der Parteien wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden in beiden Instanzen gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Berufungsstreitwert wird auf 63.807,68 EUR festgesetzt. Davon entfallen 38.014,40 EUR auf die Berufung des Klägers und 25.793,28 EUR auf die Berufung der Beklagten.
Gründe
Die nach §§ 621a, 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat, soweit er eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten aufgrund der ab 1.1.2008 geltenden Rechtslage erstreiten will, ab 1.4.2018 Erfolg. Für die Vergangenheit in der Zeit vom 1.3.2003 bis 31.12.2007 ist der Prozessvergleich vom 16.7.1996 lediglich an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten und deren Auswirkungen auf den ausgehandelten Unterhaltsbedarf anzupassen mit der Folge, dass sich die Zahlungspflichten des Klägers zwar im tenorierten Umfang verringern, es aber andererseits bei den verabredeten Bemessungsgrundlagen bleibt. Für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis 31.3.2018 ist der vereinbarte Unterhalt nach der Neuregelung in § 1578b BGB unter Beachtung des Vertrauensschutzes der Beklagten nach § 36 Nr. 1 EGZPO zur Vermeidung grober Unbilligkeiten auf ein angemessenes Maß abzusenken, so dass der Kläger vom 1.1.2008 bis 31.3.2010 laufend noch 1.000 EUR schuldet (davon 200 EUR Altersvorsorgeunterhalt) und danach lediglich 500 EUR. Ab 1.4.2018 gerät der Anspruch vollständig in Wegfall.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil ihr im Hinblick auf die versäumte Frist zur Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 2 ZPO, die am 11.2.2008 endete, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 233 ZPO) zu gewähren ist. Denn sie hat glaubhaft gemacht, dass sie kein eigenes oder ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten trifft. Nach der Rechtsprechung des BGH darf sich der Rechtsanwalt im Rahmen der gebotenen Fristenkontrolle grundsätzlich auf die Prüfung des Erledigungsvermerks in der Handakte beschränken, was hier geschehen ist (Beschluss des BGH vom 22.1.2008, AZ VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Auch war die allgemein erteilte Weisung an die Kanzleiangestellten ausreichend, nach der sämtliche Haupt- und Vorfristen im Fristenkalender sofort zu notieren und diese Eintragungen entsprechend in der Akte zu vermerken und bei Rechtsmittelsachen neben der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist auch jeweils eine Vorfrist von einer Woche einzutragen waren (vgl. dazu Beschluss des BGH v. 22.1.2008 - VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Ein Organisationsverschulden scheidet somit gleichfalls aus.
Das Rechtsmittel der Beklagten ist für den Zeitraum vom 1.4.2004 bis 31.12.2007 teilweise begründet. Im Übrigen hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Abänderungsklage des Klägers ist nach § 323 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem gerichtlichen Vergleich erfolgt die in § 323 Abs. 4 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Umstände wie bei sonstigen privatrechtlichen Rechtsgeschäften allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Maßgeblich sind die früher aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätze über die Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage, die nunmehr in § 313 BGB ausdrücklich normiert worden sind. Haben sich danach die Umstände, die zur Grundlage einer Absprache erhoben worden sind, nach Abschluss des Vergleichs schwerwiegend geändert, so kann eine Anpassung unter Wahrung des Parteiwillens verlangt werden (BGH FamRZ 2001, 1140; BGH FamRZ 1992, 539), soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten V...