Leitsatz (amtlich)
1. Die Festlegung eines generellen sektoralen Produktivitätsfaktors durch den Verordnungsgeber in § 9 ARegV und seine Aufnahme in die Regulierungsformel (Anlage 1 zu § 7 ARegV) findet in § 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EnWG eine ausreichende, den Anforderungen von Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes genügende Ermächtigungsgrundlage und verstößt auch sonst nicht gegen die Vorgaben von § 21a EnWG (Abweichung von OLG Naumburg, Beschl. v. 5.11.2009 - 1 W 6/09 (EnWG)). Bei dem generellen sektoralen Produktivitätsfaktor handelt es sich nicht um eine Effizienzvorgabe i.S.v. § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG. Seine Festsetzung auf 1,25 % für die erste Regulierungsperiode (§ 9 Abs. 2 A-RegV) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber hat bei der Bestimmung der Höhe des Faktors den ihm zukommenden Prognosespielraum nicht überschritten.
2. Im vereinfachten Verfahren kann ein Investitionszuschlag nach § 25 ARegV auch dann nicht gewährt werden, wenn der Netzbetreiber einen entsprechenden Antrag vor dem Inkrafttreten der Änderung von § 24 Abs. 3 ARegV gestellt hat. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die zuständige Landesregulierungsbehörde vor dieser Änderung in einem Rundschreiben die Ansicht vertreten hat, ein Investitionszuschlag könne gewährt werden (Anschluss an OLG Naumburg, Beschl. v. 5.11.2009 - 1 W 6/09 (EnWG)).
3. § 34 Abs. 3 ARegV und § 6 Abs. 2 ARegV sind im Sinne einer strikten Bindung an die Kostenbasis des letzten nach § 23a EnWG ergangenen Genehmigungsbescheids auszulegen.
Normenkette
GG Art. 80; EnWG § 21a Abs. 5, § 21 Abs. 6; ARegV § 6 Abs. 2, § 9 Abs. 2, §§ 25, 34 Abs. 3
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 12.1.2009 - 1-4455.5-3/2 wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und hat der Beschwerdegegnerin sowie der Beteiligten jeweils deren notwendige Auslagen zu erstatten.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird durch gesonderten Beschluss festgesetzt werden.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin betreibt als integriertes Energieversorgungsunternehmen ein Gasverteilungsnetz, an das derzeit 7.648 Kunden (Ausspeisestellen, davon 24 mit Leistungsmessung) angeschlossen sind, sowie ein Stromverteilungsnetz und verfügt ferner über die Sparten Strom- und Gasvertrieb. Daneben nimmt sie die Betriebsführung der örtlichen Bäder, der Straßenbeleuchtung, der Wasser- und Flüssiggasversorgung wahr und betreibt Blockheizkraftwerke. Vorgelagerte Netzbetreiber sind die Gasversorgung S. GmbH und die F. GmbH in R.. Die Stadt X hält alle Anteile.
Sie wendet sich gegen einen Bescheid der Beschwerdegegnerin als Landesregulierungsbehörde vom 12.1.2009 (Behördenakte - i. F.: BA 2/12), mit welchem diese gem. § 21a EnWG i.V.m. §§ 2, 4, 24, 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1b) der Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze (ARegV) u.a. Erlösobergrenzen aus dem Betrieb des Gasnetzes der Beschwerdeführerin für die Jahre 2009 bis 2012 im vereinfachten Verfahren festsetzte (Tenor Ziff. 1) und ihren Antrag nach § 4 Abs. 4 Satz 2 ARegV (Härtefallregelung) ablehnte. Hinsichtlich des Weiteren Inhalts des Bescheids nebst Anlagen wird auf BA 2/12 verwiesen (der Bescheid wurde auch in Kopie von der Beschwerdeführerin als Anlage zur Beschwerdeschrift, Bl. 5 - 42, vorgelegt).
Nachdem die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin. mit Bescheid vom 16.11. 2007 (Az.: 1-4455.5/2) gem. § 23a EnWG für den Zeitraum 1.6.2007 bis 31.12.2008 Netznutzungsentgelte Gas auf der Grundlage einer Kostenprüfung (mit Basisjahr 2004) genehmigt hatte (Tenor zwischen BA 2/5 und BA 2/4), bewilligte die Beschwerdegegnerin mit Bescheid vom 20.12.2007 (BA 2/2) antragsgemäß die Teilnahme der Beschwerdeführerin am vereinfachten Verfahren nach § 24 Abs. 1 ARegV für den Zeitraum 1.1.2009 - 31.12.2012.
Die Beschwerdegegnerin leitete dann gem. § 2 i.V.m. § 4 ARegV von Amts wegen ein Verfahren zur Bestimmung der Erlösobergrenzen ein. Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 20.3.2008 die Einbeziehung eines pauschalierten Investitionszuschlags von 1 % nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 ARegV (BA 2/3, 3/1, 4/1 und 5/1).
Die Beschwerdegegnerin teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.9.2008 (BA 2/7) mit, welche Erlösobergrenzen sie festzusetzen beabsichtige, und begründete dies. Die Beschwerdeführerin erhob hiergegen zu den Punkten "Sektoraler Produktivitätsfaktor", "Gewährung des pauschalierten Investitionszuschlages gem. § 25 ARegV", "Antrag gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV" und "Einbeziehung vorgelagerter Netzkosten" Einwendungen (BA 2/9).
Mit Bescheid vom 12.1.2009 legte die Beschwerdegegnerin dann die Erlösobergrenzen fest, wobei sie die Einwendungen der Beschwerdeführerin nur hinsichtlich der monierten, zunächst unterlassenen Berücksichtigung der Kosten des vorgelagerten Netzes berücksichtigte. Dem Antrag nach § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ARegV hat die Beschwerdegegnerin genauso wenig en...