Leitsatz (amtlich)
1. Es stellt grundsätzlich keinen Rechtsmissbrauch eines Markenrechtsinhabers entsprechend § 13 Abs. 5 UWG dar, wenn er mehrere rechtlich selbstständige Verletzer seines Markenrechtes einzeln abmahnt, auch wenn nahe liegt, dass diese Abgemahnten ihr gesamtes Marketing einer einzigen Dachorganisation übertragen haben, welche für sie einheitlich die beanstandungswürdige Werbung veranlasst hat. Eine Erforschungspflicht des Verletzten hinsichtlich dieser Binnenstruktur auf Verletzerseite besteht nicht.
2. Die Marke „Hot Chili” für Fahrräder, Fahrradteile und entsprechendes Zubehör besitzt überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Sie wird verletzt durch den Gebrauch von „Chili” und klein beigestelltem „works” auf der Gabel von Fahrrädern.
Normenkette
UWG § 13 Abs. 5, § 25; MarkenG §§ 14, 14 Abs. 2 Nr. 2; MarkenG § Abs. 3 Nr. 2; MarkenG § Abs. 5; MarkenG § 30
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 17.09.2001; Aktenzeichen 41 KfH O 110/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 17.9.2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegnerin verboten wird, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Zeichen Chili works im Zusammenhang mit der Werbung und dem Handel von Fahrrädern, Fahrradteilen, insbesondere Fahrradgabeln und dergleichen zu benutzen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: bis 25.000 Euro
Gründe
I. Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, der Sache nach in Bezug auf die Antragstellerin zu 2) begründet, hinsichtlich des Antragstellers zu 1) jedoch ohne Erfolg.
A. Der Antragsteller zu 1) ist Inhaber der nachfolgenden Wort-/Bildmarke mit Priorität vom 2.5.1996, die Antragstellerin zu 2) die Lizenznehmerin und Vertreiberin der mit dieser Marke gekennzeichneten Fahrradprodukte:
HOT CHILI
Die Antragsgegnerin betreibt einen Baumarkt in … und ist zugleich Gesellschafterin einer Firma H. [im Folgenden kurz: HS.] wie alle etwa 250 H.-Märkte, von denen einer die Antragsgegnerin ist. Die H. ist die zentrale Marketing- und Einkaufseinrichtung für die Gesellschafter, welche (auch) (teilweise) Franchisenehmer (vgl. Bl. 105) sind. Diese HS. kaufte von der Herstellerin, einer Firma HL., Mountainbike-Räder, welche entsprechend der im Jahre 2000 von der Herstellerin beantragten EG-Marke an der Fahrradgabel folgende Aufkleber trugen (vgl. Bl. 71):
Chili works
Die Antragstellerin hat sich schon im Jahre 2000 mit der Herstellerin wegen behaupteter Markenrechtsverletzungen bislang erfolglos auseinander gesetzt. In Heft 15/01 (15. Kalenderwoche = 9. bis 15.4.2001) wurde das Mountainbike von H.-Märkten beworben, u.a. auch von der Antragsgegnerin. Der Antragstellervertreter ließ in zwei weiteren H.-Märkten telefonisch anfragen, ob das Mountainbike dort angeboten werde, was bejaht wurde, und mahnte dann, nach Erhebung der Namen und Adressen aller H.-Märkte über die Internet-Seite der HS., alle H.-Märkte gleichgerichtet, u.a. mit der Behauptung eines zuvor telefonisch eingeholten Angebotes, ab, setzte zwei Tage Frist zur Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung und Zahlung von Abmahnkosten über jew. 2.591,21 DM (AG 1 = Bl. 37 bis 43), errechnet aus einem Streitwert von 250.000 DM. Nach vorgerichtlichem Schriftwechsel, u.a. nach der Aufforderung des Antragsgegnervertreters erster Instanz, der alle H.-Märkte vertrat und vertritt und auch die HS. an den Antragstellervertreter, jeweils eine Originalvollmacht für seine vielzähligen Abmahnungen nachzureichen, gaben 192 H.-Märkte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Zahlung der Abmahnkosten die eingeforderte Unterwerfungserklärung ab. Nicht so die Antragsgegnerin.
Die Antragsteller erwirkten eine einstweilige Verfügung dahin (Bl. 7 bis 9):
1. Der Beklagten wird verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Bezeichnung „Chili” im Zusammenhang mit der Werbung und dem Handel von Fahrrädern, Fahrradteilen, insbesondere Fahrradgabeln und dergleichen zu benutzen.
2. [Ordnungsmittel],
welche das LG bestätigte.
Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer auf Aufhebung und Antragszurückweisung gerichteten Berufung, welche ein Klagerecht der Antragstellerin neben dem des Antragstellers verneint und der Sache nach schwerpunktmäßig in der „Abmahnlawine” einen Verstoß gegen § 13 Abs. 5 UWG analog sieht, eine Verwechslungsgefahr verneint, den Verfügungsgrund im Hinblick auf eine Kenntniserlangung schon dreizehn Monate vor Antragstellung entfallen sieht und – neu im Berufungsrechtszug – eine rechtserhaltende Nutzung in den letzten fünf Jahren in Abrede stellt.
Die Antragsteller verteidigen die angefochtene Entscheidung als richtig.
B. 1. Aktivlegitimation.
Die Angriffe der Antragsgegnerin gegen die Aktivlegitimation eines der beiden Antragsteller im Hinblick auf die Rechtsverfolgung durch bereits einen von ihnen verfängt nicht.
a) Dass bei einem (auch nur...