Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 20.01.2020; Aktenzeichen 6 O 398/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 20.1.2020 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 65.000 EUR

 

Gründe

Der Kläger begehrt nach mit Schreiben vom 9.7.2018 erklärtem Widerruf die Rückabwicklung eines teilweise durch ein Verbraucherdarlehen der beklagten Bank vom 23.8.2016 finanzierten PKW-Kaufs.

Bezüglich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der unter näherer Begründung im Einzelnen weiterhin meint, er habe den Darlehensvertrag im Jahr 2018 noch widerrufen können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt gewesen sei.

Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz,

I. Das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.01.2020, Az. Bi 6 O 398/19, wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. ... über nominal EUR 46.312,37 ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 09.07.2018 keine Ansprüche auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zustehen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 45.105,08 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von EUR 32.999,88 vom 16.10.2019 bis 01.01.2020 sowie aus 34.815,66 seit 02.01.2020 sowie aus EUR 2.242,04 seit 02.05.2020 sowie aus EUR 7.868,38 seit 02.06.2021, zu zahlen, nach Herausgabe des Fahrzeugs XX, Fahrzeug-Ident-Nr. ..., nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.

IV. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klagepartei den Betrag von EUR 1.954,46 zu zahlen.

V. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer III. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Zudem wird beantragt, die Hilfswiderklage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig und beantragt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.1.2020, Az. Bi 6 O 398/19 wird einschließlich der in II. Instanz vorgenommenen Klageerhöhung zurückgewiesen.

Im Wege der Hilfswiderklage:

Es wird festgestellt, dass der Kläger im Fall eines wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages vom 23.08.2016 Nr. ... verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des Pkw XY (Fahrzeug Ident Nr. ...) im Zeitraum vom 23.08.2016 bis zur Rückgabe des PKW an die Beklagte zu leisten hat, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der über das hinausgeht, was zur Prüfung der Beschaffenheit der Eigenschaften und Funktionsweise notwendig war.

Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 20.4.2021 das schriftliche Verfahren angeordnet und eine Frist für die Einreichung weiterer Schriftsätze bis 1.6.2021 gesetzt.

II. Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet, weil bei Erklärung des Widerrufs die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war.

1. Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, § 40 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im August 2016 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.

2. Das gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB bestehende Widerrufsrecht war bei Erklärung des Widerrufs verfristet, da die 14tägige Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 S. 2, 356b Abs. 1, 2 BGB mit dem Vertragsschluss anlief.

Dem Kläger wurde bei Vertragsschluss unstreitig eine für ihn bestimmte Abschrift der Vertragsurkunde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB zur Verfügung gestellt. Die dem Kläger zur Verfügung gestellte Urkunde enthielt entgegen der Auffassung der Berufung auch alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB. Damit lief die 14tägige Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 S. 2, 356b Abs. 1, 2 BGB mit dem Vertragsschluss an.

a) An der ordnungsgemäßen Erteilung der erforderlichen Pflichtangaben fehlt es nicht deshalb, weil die Schriftgröße von Angaben nach § 492 Abs. 2 BGB unzureichend wäre oder weil die Pflichtangaben teils in AGB enthalten sind.

Die Angaben sind ohne Hilfsmittel unproblematisch und ausreichend lesbar (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juni ...

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