Leitsatz (amtlich)

§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 ZPO kann auf den Fall, dass in erster Instanz über sämtliche Stufen einer Stufenklage insgesamt entschieden worden ist, jedenfalls dann entsprechend angewendet werden, wenn der Ausspruch zur Auskunftsstufe rechtskräftig geworden ist.

 

Normenkette

ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Alt. 1

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 06.08.2020; Aktenzeichen 12 O 3/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 06.08.2020, Az. 12 O 3/18, hinsichtlich des Tenors unter Ziff. 1. aufgehoben.

2. Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 06.08.2020, Az. 12 O 3/18, hinsichtlich des Tenors unter Ziff. 3., 4., 6. und 7. aufgehoben.

3. Die Sache wird - soweit das angefochtene Urteil aufgehoben worden ist - zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte Alleinerbe nach der am 04.04.2014 in Stuttgart verstorbenen B. C., geborene Y., geboren am 29.11.1953, gemäß Erbvertrag vom 10.05.2007 vor dem Notar Z., UR ...7 geworden ist.

5. Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. 1. und 2. vorläufig vollstreckbar.

6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 249.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit ihrer Klage erstinstanzlich einen ihr originär auf den Tod ihrer am 4.4.2014 verstorbenen Schwester B. C. zustehenden Vermächtnisanspruch verfolgt sowie auf sie im Zusammenhang mit diesem Erbfall durch Abtretung übergegangene Vermächtnisansprüche ihrer beiden Kinder und - im Wege der Stufenklage - einen durch Erbfolge auf sie übergegangenen Pflichtteilsanspruch ihrer am 7.11.2014 verstorbenen Mutter geltend gemacht.

Der Beklagte hat widerklagend die Feststellung seines Erbrechts mit einer Quote von 3/4 begehrt.

Mit dem angefochtenen Urteil hat der Einzelrichter der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

In dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht auch die persönlichen und familiären Verhältnisse der Parteien sowie die sonstigen Rahmenbedingungen für die erbrechtlichen Streitigkeiten der Parteien und die wesentlichen Geschehnisse seit den beiden Erbfällen ausführlich dargestellt (LGU 3ff.). Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Mit den beidseits selbstständig eingelegten Berufungen haben die Parteien das angefochtene Urteil weitgehend zur Überprüfung durch den Senat gestellt.

Rechtskräftig geworden ist der unter Ziff. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils zuerkannte Auskunftsanspruch der Klägerin auf erster Stufe der Stufenklage sowie die Abweisung der erstinstanzlich widerklagend von dem Beklagten begehrten Feststellung seiner quotalen Mitbeteiligung am Nachlass seiner Ehefrau.

Der Beklagte hat in zweiter Instanz einen geänderten Feststellungsantrag betreffend das Erbrecht nach seiner Ehefrau mit dem Ziel der Feststellung seiner Alleinerbenstellung erhoben.

Im Unterschied zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand sieht der Beklagte in zweiter Instanz den mit seiner Ehefrau im Jahr 2007 geschlossenen Erbvertrag als rechtlich bindend und nicht wirksam angefochten an (GA 60/eA).

Die Klägerin bringt zur Begründung ihrer Berufung vor,

das Landgericht habe verkannt, dass es sich bei der Klage gerichtet auf den Pflichtteil um eine Stufenklage handele, bei der über jede Stufe gesondert durch Teilurteil zu entscheiden sei. Eine Entscheidung über den Leistungsantrag komme erst dann in Betracht, wenn der Beklagte die von ihr verlangte Auskunft erteilt habe, die zweite Stufe betreffend einen etwaigen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung abgeschlossen und die Klägerin zur Leistungsstufe durch Bezifferung übergegangen sei.

Die Klägerin stellt den Berufungsantrag:

Das Urteil des LG Stuttgart, Az. 12 O 3/18 vom 06.08.2020 wird abgeändert und der Beklagte im Wege des Teilurteils wie folgt verurteilt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, 45.000,00 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 02.01.2018 an die Klägerin zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand und den Wert des Nachlasses der am 04.04.2014 in Stuttgart verstorbenen Erblasserin B. C. zu erteilen und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, welches durch einen Notar aufgenommen wurde und zu dessen Errichtung die Klägerin hinzugezogen wurde, das im Einzelnen umfasst

a) alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva),- 3 b) alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Passiva),

c) alle ergänzungspflichtigen Schenkungen, die die Erblasserin zu ihren Lebzeiten getätigt hat,

d) den Wert aller in den Nachlass fallenden Immobilien durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens.

3. Das Urteil ist hinsicht...

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