Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet einem Anleger, der sich als stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt hat, nur in Ausnahmefällen persönlich auf Schadensersatz wegen unzureichender Auskünfte bei Zeichnung der Anlage.
Normenkette
BGB § 311 Abs. 2-3, §§ 280, 823
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 08.07.2015; Aktenzeichen 9 O 76/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Heilbronn vom 08.07.2015, Az. 9 O 76/14 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 28.461,24 EUR.
Gründe
A. Der Kläger und die Klägerin im Parallelverfahren 1 U 112/15 (seine Mutter) machen jeweils Schadensersatz im Zusammenhang mit der stillen Beteiligung an der am 15.04.2009 gegründeten b ...... GmbH geltend, deren Geschäftsführer der Beklagte vom 08.06.2009 bis ins Jahr 2011 war.
Die Mutter des Klägers vereinbarte über zwei Bekannte einen Termin mit dem Beklagten, der ihr von diesen empfohlen worden war. In insgesamt drei Gesprächen stellte der Beklagte die Möglichkeit einer Kapitalanlage in Form einer stillen Beteiligung an der b ...... GmbH vor.
Am 19.02.2010 unterzeichneten die Parteien einen "Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft", nach dem sich der Kläger mit einer Einlage von 20.000 EUR bis zum 31.12.2015 als stiller Gesellschafter an der b ...... GmbH beteiligte. Neben dem am 04.03.1992 geborenen Kläger unterzeichnete auch seine Mutter, die außerdem einen eigenen, identischen Vertrag abschloss. Am 07.06.2010 beteiligte sich jedenfalls der Kläger mit weiteren 10.000 EUR.
Aus sämtlichen stillen Beteiligungen flossen keine Zahlungen.
Der Kläger und seine Mutter kündigten die Verträge und erwirkten im März 2012 Mahnbescheide gegen die b ...... GmbH und eine weitere GmbH. Sodann erwirkte der Kläger gegen beide GmbHs als Gesamtschuldner am 14.05.2013 beim LG Heilbronn, Az. 6 O 65/13 ein Versäumnisurteil über 20.000 EUR + 2.817,17 EUR Anwaltskosten. Auch seine Mutter erwirkte am selben Tag unter dem Az. 6 O 67/13 ein Versäumnisurteil über 30.000 EUR + 1.196,43 EUR Anwaltskosten. Die Urteile wurden am 08.07.2015 berichtigt, weil das LG die Deckblätter vertauscht hatte. Zugesprochen wurde genau umgekehrt, d.h. dem Kläger eine Hauptforderung von 30.000 EUR.
Über das Vermögen der b ...... GmbH wurde sodann beim AG Heilbronn, Az. 16 IN 687/13 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger und seine Mutter meldeten ihre jeweiligen Forderungen aus den nicht berichtigten Urteilen zur Tabelle an, der Kläger also eine Forderung über 28.461,24 EUR, die sich zusammensetzt aus 22.817,17 EUR (Forderungen aus dem Versäumnisurteil), 2.041,63 EUR Zinsen und 3.602,44 EUR aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss.
Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger die im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung nunmehr auch gegen den Beklagten geltend. Er stützt sich im Wesentlichen auf einen Anspruch wegen "fehlerhafter Anlagevermittlung", weil der Beklagte nicht auf das "Totalverlustrisiko" und auf den möglichen "Zinsschaden" hingewiesen habe.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
II. Das LG hat der Klage des Klägers stattgegeben (im Parallelverfahren 1 U 112/15 hat dagegen eine andere Kammer des LG die Klage seiner Mutter abgewiesen). Anlagevermittler könne auch der Geschäftsführer einer GmbH sein, an der sich ein Anleger beteilige. Der Beklagte habe damit geworben, selbst investiert zu haben, mithin eigene Interessen ins Spiel gebracht, und hafte deshalb persönlich. Auf die Risiken eines Totalverlusts und eines Zinsschadens habe er weder den damals minderjährigen Kläger noch seine Mutter hingewiesen. Der Hinweis in § 7 des Vertrages auf die Beteiligung am Gewinn und Verlust der b ...... GmbH habe nicht genügt. Der Höhe nach sei der Schaden nicht bestritten worden.
III. Gegen das ihm am 13.07.2015 zugestellte Urteil vom 08.07.2015 hat der Beklagte am 10.08.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist am 14.10.2015 begründet.
Der Beklagte sei als Geschäftführer der b ...... GmbH aufgetreten. Er hafte nicht persönlich. Dass er die Geschäftsidee der b ...... bzw. den "Hauskonfigurator" am Bildschirm präsentiert und mit dem Argument eigener Geldanlage beworben habe, reiche nicht. Der Kläger habe den Vertrag über die stille Beteiligung erst nachträglich unterschrieben und genug Zeit gehabt, diesen durchzulesen und insbesondere den Hinweis in § 7 auf eine Beteiligung an Gewinn und Verlust wahrzunehmen. Der Kläger habe in seiner Anhörung vor dem LG auch zugegeben, dass er von der Regelung Kenntnis genommen habe.
Zudem erhebt der Beklagte die Einrede der Verjäh...