Leitsatz (amtlich)

Führen der Täter einer Ordnungswidrigkeit und eine mit ihm zusammenwirkende, an der Tat unbeteiligte Person die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre, indem sich die weitere Person selbst zu Unrecht der Täterschaft bezichtigt, kann dies für den Täter zu einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und für die weitere Person wegen Beihilfe hierzu führen.

 

Normenkette

StGB § 164 Abs. 2, § 25 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Entscheidung vom 05.11.2014; Aktenzeichen 31 Ns 73 Js 61218/13)

 

Tenor

  1. Die Revision des Angeklagten Ka XXX gegen das Urteil des Landgerichts - Kleine Strafkammer - Stuttgart vom 5. November 2014 wird als unbegründet

    verworfen.

    Der Angeklagte Ka XXX trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

  2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts - Kleine Strafkammer - Stuttgart vom 5. November 2014 mit den Feststellungen

    aufgehoben,

    soweit der Angeklagte Kr XXX freigesprochen wurde.

    Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Stuttgart

    zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte Ka XXX wurde durch das Amtsgericht Nürtingen am 24. März 2014 wegen falscher Verdächtigung zu der Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 150 Euro verurteilt, der Angeklagte Kr XXX wegen Beihilfe hierzu zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50 Euro. Durch das angefochtene Urteil vom 5. November 2014 verwarf das Landgericht Stuttgart die Berufung des Angeklagten Ka , XXX soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtete, ermäßigte aber im Rechtsfolgenausspruch die Geldstrafe auf 40 Tagesätze zu je 70 Euro. Den Angeklagten Kr XXX sprach das Landgericht auf die von ihm eingelegte Berufung hin frei. Der Angeklagte Ka XXX erhebt mit seiner rechtzeitig eingelegten Revision die Sachrüge gegen das Urteil des Landgerichts. Er beantragt, freigesprochen zu werden. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart beantragt, seine Revision als unbegründet zu verwerfen.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wendet sich mit der von ihr rechtzeitig eingelegten Revision im Wege der Sachrüge allein gegen den Freispruch des Angeklagten Kr XXX. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten und beantragt, das Urteil des Landgerichts insoweit aufzuheben. Der Angeklagte Kr XXX solle durch den Senat unter Aufrechterhaltung der vom Landgericht getroffenen Feststellungen der Beihilfe zur falschen Verdächtigung schuldig gesprochen werden, zur Verhandlung und Entscheidung über den Strafausspruch solle die Sache an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen werden. Der Angeklagte Kr XXX beantragt, die Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Revision des Angeklagten Ka XXX ist unbegründet. Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft führt hingegen zur Aufhebung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 5. November 2014, soweit die Strafkammer den Angeklagten Kr XXX vom Vorwurf der Beihilfe zur falschen Verdächtigung freigesprochen hat.

Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:

"Am 3. November 2012 um 23.34 Uhr überschritt der Angeklagte Ka XXX als Pkw-Lenker in F XXX die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 26 km/h. Dies wurde von einer Verkehrsüberwachungsanlage gemessen. Es wurde ein Beweisfoto aufgenommen. Da es sich bei dem Pkw um ein Firmenfahrzeug handelte, übersandte die Stadt F XXX als zuständige Bußgeldbehörde alsbald einen Zeugenfragebogen an die Firma, die den Angeklagten Ka XXX als den regelmäßigen Fahrer des Fahrzeugs benannte, und den Fragebogen an diesen weiterleitete. Kurz darauf, am 26. November 2012, übersandte die Bußgeldbehörde dem Angeklagten Ka XXX ein Anhörungsschreiben im Bußgeldverfahren. Spätestens am 30. November 2012 beschlossen die Angeklagten Ka XXX und sein Arbeitskollege, der Angeklagte Kr XXX, die Bußgeldbehörde gezielt und im Wissen um die Täterschaft des Angeklagten Ka XXX in die Irre zu führen. Sie vereinbarten, dass sich der Angeklagte Kr XXX zunächst gegenüber der Bußgeldbehörde als Fahrer bezeichnen und sodann das nachfolgende, den Angeklagten Kr XXX betreffende Bußgeldverfahren so lange hinauszögern sollte, bis der Angeklagte Ka XXX wegen des Eintritts der Verfolgungsverjährung bei ihm nicht mehr belangt werden könne. Dann sollte der Angeklagte Kr XXX offenlegen, dass er den Verstoß doch nicht begangen habe, worauf auch das gegen ihn gerichtete Bußgeldverfahren ohne seine Verurteilung beendet werden müsse. Genauso verfuhren die Angeklagten dann. Der Angeklagte Kr XXX trug auf dem ihm vom Angeklagten Ka XXX übergebenen Zeugenfragebogen seine Personalien und seine Wohnanschrift ein, erklärte, dass er das Fahrzeug gefahren habe, versicherte, dass seine Angaben der Wahrheit entsprächen und übersandte den Zeugenfragebogen am 30. November 2012 ohne seine Unterschrift per Fax an die Bußgeldbehörde. Inhaltsgleiche Angaben mit seiner Unterschrift machte er auf dem ihm...

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