Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung eines Pkw-Leasingvertrages wegen Vertrauensverlustes in den Volkswagen-Konzern
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Kläger, der allein unter Hinweis auf Presseberichte und ohne Sachvortrag zum Benzinverbrauch geltend macht, er müsse davon ausgehen, dass der Motor seines - aus dem VW-Konzern stammenden - Fahrzeugs von Manipulationen betroffen sei, weil auch bei etlichen anderen Benzinmotoren Unregelmäßigkeiten beim Kohlendioxidausstoß und damit auch beim Kraftstoffverbrauch festgestellt worden seien, und der hierzu ein Sachverständigengutachten anbietet, legt weder einen Sachmangel noch einen konkreten Mangelverdacht hinreichend dar.
2. Für die Wissenszurechnung im Konzern kommt es auf die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsteilung und die Ausübung von Leitungsmacht sowie darauf an, bei welcher der Gesellschaften das behauptete Wissen vorhanden ist. Ohne Vortrag dazu kann nicht beurteilt werden, wie der Informationsaustausch innerhalb des Konzerns zu organisieren ist und ob unter dem Gesichtspunkt eines diesbezüglichen Organisationsverschuldens eine Wissenszurechnung in Betracht kommt.
3. Allein der Umstand, dass es bei anderen Konzerngesellschaften zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, rechtfertigt nicht die Annahme, der Leasingnehmer habe berechtigterweise das Vertrauen in die zum Konzern gehörende Leasinggeberin als seine Vertragspartnerin derart verloren, dass er mit Erfolg außerordentlich kündigen oder anfechten könne.
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 10.05.2016) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 10.5.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 80.000 EUR
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die von ihm erklärte Kündigung eines mit der Beklagten geschlossenen Kfz-Leasingvertrages wirksam ist und hilfsweise die Erstattung auf den Vertrag geleisteter Leasingraten.
1. Der Kläger bestellte am 16.8.2013 beim P. Auto-Sch. einen Neuwagen des Typs Porsche Cayenne GTS mit Benzinmotor zu einem Bruttopreis von 118.912,40 EUR (Anl. K1). Zur Finanzierung des Kaufs schloss er mit der Beklagten einen Leasingvertrag, der durch das Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 21.8.2013 zustande kam und eine Vertragsdauer von 48 Monaten sowie monatliche Leasingraten in Höhe von 1.918,28 EUR brutto vorsah (Anl. K2). Nach Übergabe des Fahrzeugs leistete der Kläger die Leasingraten wie vereinbart.
Mit Schreiben vom 24.9.2015 (Anlage K 10) wandte sich der Kläger an die Porsche AG. Darin teilte er mit, er habe aufgrund der aktuellen Medienberichte über den VW-Abgasskandal das Vertrauen in den Volkswagenkonzern völlig verloren, und er unterbreitete den Vorschlag, den Leasingvertrag aufzuheben. Dieses Schreiben wurde zunächst von der Porsche Deutschland GmbH am 6.10.2015 (Anl. K11) mit dem Hinweis beantwortet, dass von den festgestellten Verstößen bei Abgastests in den USA Motoren betroffen seien, die von Porsche nicht verwendet würden. Auch die Beklagte antwortete auf das Schreiben des Klägers vom 24.9.2015 am 20.10.2015 (Anlage K 12) und wies darauf hin, dass eine vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages nach den Leasingbedingungen nicht möglich sei.
Da in der Folge keine Einigung erzielt wurde, ließ der Kläger durch Anwaltsschreiben vom 12.11.2015 den Leasingvertrag fristlos kündigen, hilfsweise den Rücktritt sowie die Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung erklären (Anlage K 13).
Mit seiner Klage begehrt der Kläger in erster Linie die Feststellung, dass der Leasingvertrag durch die Kündigung zum 30.11.2015 beendet ist. Ferner verlangt er die Erstattung vorgerichtlicher Auslagen in Höhe von 2.480,44 EUR. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Kündigung für unwirksam hält, verlangt er von der Beklagten eine Zahlung von 46.038,72 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Auslagen Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs und verbindet dies mit dem Antrag festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Abholung des Pkw in Verzug befinde.
Zur Begründung macht er geltend, er müsse davon ausgehen, dass auch sein Fahrzeug von vorsätzlichen Manipulationen betroffen sei. Dies ergebe sich aus Presseberichten, nach denen auch Porsche und im Hinblick auf CO2-Werte sowie den Kraftstoffverbrauch auch Benzinmotoren mit Zylinderabschaltung von dem Abgasskandal betroffen seien. Die anders lautende Mitteilung im Schreiben der Firma Porsche vom 6.10.2015 habe sich damit als falsch herausgestellt. Er habe deshalb jegliches Vertrauen in die Marke Por...