Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Haftung von Porsche für von Audi entwickelten und hergestellten Dieselmotor (hier: Porsche Macan Diesel V6 TDI)
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Händler wird das Wissen der Fahrzeugherstellerin von der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung grundsätzlich nicht zugerechnet, da die Herstellerin des Fahrzeugs nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist, der die Sache an seinen Kunden verkauft. (Rn. 31)
2. § 27 EG-FGV stellt kein Verbotsgesetz iSv § 134 BGB dar. (Rn. 44)
3. Die Herstellerin eines Fahrzeugs, in welches ein von einer anderen konzernverbundenen Herstellerin entwickelter und hergestellter Dieselmotor eingebaut wird, muss sich Wissen und Kenntnisse der Motorherstellerin über eine im Motor verbaute unzulässige Abschalteinrichtung nicht zurechnen lassen, wenn konzernintern durch Vereinbarung zum Zweck der Geringhaltung der Entwicklungs- und Herstellungskosten Übereinkünfte getroffen wurden, dass die benötigten Dieselmotoren einschließlich der Motorsteuerungssoftware von der Schwestergesellschaft hergestellt werden. (Rn. 52)
4. Die bloße Zugehörigkeit zu einem Konzern führt nicht zu einer Wissenszurechnung bei einer Schwestergesellschaft, selbst wenn Manager bei beiden Konzerngesellschaften in Leitungs- oder Planungsabteilungen an verantwortlicher Stelle beschäftigt waren. (Rn. 55)
Normenkette
BGB §§ 123, 134, 138, 346, 438 Abs. 3, § 823 Abs. 1, § 826; EG-FGV § 27 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Beschluss vom 06.04.2020; Aktenzeichen 22 O 8/19) |
LG Aschaffenburg (Urteil vom 28.02.2020; Aktenzeichen 22 O 8/19) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 28.02.2020, Az.: 22 O 8/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das unter Ziffer 1. genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags bzw. Schadensersatz.
Die Beklagte zu 1) ist eine unabhängige Fahrzeughändlerin in Aschaffenburg.
Die Beklagte zu 2) ist die Fahrzeugherstellerin des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs Marke Porsche. Seit dem Jahr 2009 ist die Beklagte zu 2) Teil des ... Konzerns.
Mit Vertrag vom 28.10.2014 kaufte der Kläger als alleiniger Inhaber der Firma ... von der Beklagten zu 1) einen Pkw Marke Porsche Macan Diesel V6 TDI (FIN: WP1ZZZ...) als Neuwagen zum Kaufpreis von .... Das Fahrzeug wurde an die Firma ... am 28.10.2014 übergeben. Im Jahr 2017 wurde die Firma ... veräußert. Der Pkw Porsche Macan verblieb im Alleineigentum des Klägers.
Der Motor des Pkws Porsche Macan wurde von der ... AG entwickelt und hergestellt. Die Beklagte zu 2) kaufte diesen Motor, ... für den Fahrzeugtyp Porsche Macan hinzu. Der Dieselmotor verfügt über eine EG-Typengenehmigung nach der Euro 6-Norm.
Mit Schreiben vom 12.09.2016 gab das Kraftfahrt-Bundesamt die "erste Stufe der freiwilligen Feldmaßnahmen" für den "Pkw Porsche Macan 3.0 l-Diesel" frei. Auf den Inhalt des Schreibens des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 12.09.2016 wird Bezug genommen (Bl. 726 d.A.). Im Anschluss an das Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes bot die Beklagte zu 2) ein Software-Update (sog. Software-Update auf freiwilliger Basis) an. Beim Fahrzeug des Klägers wurde dieses Software-Update am 28.10.2016 aufgespielt.
Am ... gab das Kraftfahrt-Bundesamt im Rahmen einer Pressemitteilung bekannt, dass für den Fahrzeugtyp Porsche Macan Diesel 3.0 l Euro 6 ein verpflichtender Rückrufbescheid erlassen wurde. Mit Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.08.2018 wurde die "Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit" für den Pkw Porsche Macan gegenüber der Beklagten zu 2) mitgeteilt. Das von der Beklagten zu 2) vorgelegte Software-Update wurde freigegeben.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.07.2018 erklärte der Kläger die Anfechtung des von ihm geschlossenen Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung bzw. den Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber der Beklagten zu 1). Ein Nacherfüllungsverlangen wurde nicht gestellt. Weiterhin verlangte der Kläger von der Beklagten zu 2) die Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. ... gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.
Mit Schreiben vom 28.09.2018 teilte die Beklagte zu 2) mit, sie würde im Oktober 2018 in Kommunikation mit ihren Kunden treten. Mit weiterem Schreiben vom 28.12.2018 wandte sich die Beklagte zu 2) an den Kläger und teilte mit, dass beim Fahrzeug des Klägers ein (zweites) Software-Update aufgespielt werden müsse. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens vom 28.12.2018 wird Bezug genommen (Bl. 764 d.A.).
Der Kläger führt zum Zustand des Kraftfahrzeugs aus, zum Zeitpunkt der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Aschaffenburg vom 18.10.2019 habe der Kilometerstand des Fah...