Entscheidungsstichwort (Thema)
Diesel-Skandal: Keine Ansprüche für im Jahr 2014 erworbenen gebrauchten Porsche Macan S mit V6-Dieselmotor
Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 16.09.2019; Aktenzeichen 1 O 395/18) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 16.09.2019 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert der II. Instanz wird auf "bis 40.000 EUR" festgesetzt.
Tatbestand
I. Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem am 08.08.2014 von dritter Seite erfolgten Erwerb eines gebrauchten PKW Porsche Macan S (Kilometerstand: 5.730km) zu einem Kaufpreis von 71.000,01 EUR Schadensersatzansprüche geltend gegen die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeugs. In dem PKW ist ein 3,0 Liter V6-Dieselmotor verbaut, der von der Audi AG entwickelt wurde. Für den Fahrzeugtyp des klägerischen Pkw hatte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) eine EG-Typengenehmigung unter Einstufung in die Abgasnorm 6 erteilt. Die Berufungsbeklagte stellte daher für das Fahrzeug des Klägers eine entsprechende Übereinstimmungsbescheinigung aus.
Nachdem in den von der VW AG entwickelten Dieselmotoren des Typs EA189 (EU5) eine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt worden war, wurde zwischen der Audi AG, dem KBA und der Beklagten ein Software-Update ("WG22") zur freiwilligen Verbesserung des Emissionsminderungskonzeptes vereinbart, das vom KBA am 12.09.2016 freigegeben und am 14.11.2016 auf dem Fahrzeug des Klägers installiert wurde.
Nachdem das KBA in der Motorsteuerungssoftware des auch im Fahrzeug des Klägers verbauten Motortyps eine als unzulässige Abschalteinrichtung qualifizierte Motorsteuerung festgestellt hatte, ordnete es nachträgliche Nebenbestimmungen zu EG- Emissionstypgenehmigungen an. Der Beklagten wurde aufgegeben, die unzulässige Abschalteinrichtung aus den betroffenen Fahrzeugen zu entfernen (vgl. hierzu den Ausgangsbescheid vom 16.05.2018 (Bl. 575ff. d.A.)). In der Folge wurden die bereits in 2016 durchgeführten Maßnahmen verbindlich; auch erteilte das KBA die Freigabe für Umrüstungsmaßnahmen der Beklagten, die ein weiteres Update beinhalteten. Von der Möglichkeit, das Software-Update bzw. die technische Überarbeitung kostenfrei durchführen zu lassen, machte auch der Kläger im Mai 2019 im Vorfeld einer anstehenden Hauptuntersuchung des Fahrzeugs Gebrauch, nachdem er dies am 27.12.2018 zunächst noch abgelehnt hatte. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ungeachtet der Frage, ob der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag bereits wegen eines fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig sei, stehe dem Kläger jedenfalls bereits dem Grunde nach kein Anspruch gegen die Beklagte auf Schadenersatz bzw. Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Fahrzeug zu.
Ansprüche aus kaufrechtlicher Gewährleistung schieden aus, da der Kaufvertrag nicht mit der Beklagten geschlossen worden sei. Zudem sei durch den bestandskräftigen und für das Gericht bindenden Rückrufbescheid des KBA und dessen Freigabebestätigung festgestellt, dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software zwar um eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 gehandelt habe, dass für die betroffenen Fahrzeuge aber der Nachweis erbracht worden sei, dass durch die von der Beklagten vorgeschlagenen und am Fahrzeug des Klägers auch durchgeführten Maßnahmen die Vorschriftsmäßigkeit wieder hergestellt werden kann. Schließlich fehle es an einer erfolglosen Fristsetzung zur Nacherfüllung.
Aus der von der Beklagten für das Fahrzeug des Klägers ausgestellten und erst eine geraume Zeit nach Vertragsschluss zusammen mit dem Fahrzeug übergebenen EG- Übereinstimmungsbescheinigung könne eine Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 und 3, 241 Abs. 2 BGB nicht folgen; auch liege keine Garantie im Sinne von § 443 BGB vor, da der Übereinstimmungsbescheinigung weder ihrem Wortlaut noch ihrem Zweck nach ein solcher Erklärungs- und Rechtsbindungswille beigemessen werden könne.
Auf einen Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Prospekthaftung könne der Kläger sein Begehren nicht stützen, weil die von der Rechtsprechung für den sog. Grauen Kapitalmarkt entwickelten Grundsätze der Prospekthaftung nicht einschlägig seien und die Übereinstimmungsbescheinigung keinen Prospekt im Sinne der Rechtsprechung zur Prospekthaftung darstelle.
Die Voraussetzung für einen Schadensersat...